82 Prisenordnung.
125. Er sorgt für die Weiterführung des Schiffstagebuches und führt selbst
vom Augenblick des Anbordkommens ab ein Tagebuch, in das alle die Reise, das
Schiff, die Ladung und die Personen betreffenden Ereignisse einzutragen sind.
126. Auf Versuche der Schiffsleute, das Schiff wieder in ihre Gewalt zu
bringen, muß er gefaßt sein und ihnen vorbeugen; unnötige Zwangsmaßregeln sind
zu vermeiden.
127. Aus der Ladung darf er im Beisein des Kapitäns und gegen Quittung
Güter entnehmen, deren er zur Durchführung seiner Aufgaben bedarf.
128. Wenn notwendig, darf der Prisenoffizier Personen und, soweit er ge-
mäß 110 dazu berechtigt ist, Teilc der Ladung auf ein anderes Fahrzeug umschiffen;
die Gründe hat er im Tagebuch aufzuführen. Eine Umschiffung ist stets gerecht-
sertigt, wenn sie im Interesse der Sicherheit der Personen oder der Erhaltung der
Ladung geschieht.
129. Ist die Einbringung in den befohlenen Hafen nicht möglich, so hat er einen
anderen aufzusuchen, in den Prisen eingebracht werden dürfen (s. 111). Ist auch
dieses nicht möglich, so hat er unter den Voraussctzungen der Nr. 112 bis 118 zur
Zerstörung des Schiffes zu schreiten, sobald die sichere Bergung der auf dem Schiffe
befindlichen Personen, der Papicre und Beweisstücke gewährleistet ist. Die Bestim-
mungen der Nr. 123 sind zu beachten.
130. Unmittelbar nach Ankunft in einem Hafen hat der Prisenoffizier tele-
graphisch vom Chef des Admiralstabes weitere Befehle einzuholen.
131. Ist der erreichte Hafen ein deutscher, oder gehört er einer verbündeten
oder einer solchen neutralen Macht, welche die Einbringung von Prisen allgemein
gestattet, so hat der Prisenoffizier die Prisc hier abzugeben. Die Abgabe hat in
einem deutschen Hafen an die zuständige Hafenbehörde zu erfolgen, sonst an den
konsularischen Vertreter des Deutschen Reiches oder einer verbündeten Macht unter
gleichzeitiger Ubergabe der Papiere, Berichte und sonstigen Beweismittel zwecks
Weitergabe an das Prisenamt. Zugloich sind die gemäß 102 freizulassenden Personen
zu entlassen, soweit sic nicht als Zeugen zurückbehalten werden müssen.
Anlage zur Prisenordnung.
Der Chef des Admiralstabes der Marince.
A. 1512. 1I. Berlin, den 22. Juni 1914.
Befehl für die Seebefehlshaber und Kommandanten über ihr Ver-
halten beim Zusammentreffen mit bewaffneten Handelsschiffen im
Kriege.
Die Ausübung des Anhaltungs., Durchsuchungs- und Wegnahmerechtes
sowic jeder Angriff seitens eines bewaffneten Handelsschiffes gegenüber
einem deutschen oder neutralen Handelsschiff gilt als Sceraub. (Gegen die
Besatzung ist gemäß der Verordnung über das außerordentliche kriegsrecht-
liche Verfahren vorzugchen.
Leistet ein bewaffnetes feindliches Kanffahrteischiff bewaffneten Wider-
stand gegen prisenrechtliche Maßnahmen, so ist dieser mit allen Mitteln
zu brechen. Die Verantwortung für jeden Schaden, den Schiff, Ladung
und Passagiere dabei erleiden, trägt die seindliche Regierung. Die Be-
satzung ist als kriegsgefangen zu behandeln. Die Passagiere sind zu ent-
lassen, außer wenn sie sich nachweiebar am Widerstand beteiligt haben.
Im letzteren Falle ist gegen sic des ausierordentliche kriegsrechtliche Vor-
sabren anzuwenden.
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