Full text: Kriegs-Gesetze – Verordnungen und Bekanntmachungen Heft 4 (4)

Preußen. 
Diese Abänderung tritt mit dem 1. September d. J. in Kraft. Wir ersuchen 
hiernach das Weitere zu veranlassen. « 
Maßnahmengegenübermäßigepreissteigerungen. 
Ministerial-Erlaß vom 3. August 1915. 
Die fortgesetzte Steigerung der Preise für Gegenstände des täglichen Bedarfs 
birgt für die Lebensführung und die Zufriedenheit großer Schichten der Bevölke- 
rung Gefahren in sich, denen mit allem Nachdruck entgegengewirkt werden muß 
Dieses Ziel verfolgt die Bekanntmachung des Bundesrats gegen übermäßige Preis- 
steigerung vom 23. Juli 1915. Sie gewährt die Möglichkeit, Gegenstände des täg= 
lichen Bedarfs, die zur Veräußerung bestimmt sind, aber dem Verbrauche vorent- 
halten werden, dem Besitzer zu entziehen und durch Vermittlung geeigneter Stellen 
(Kommunalverbände, Konsumvereine, Handeltreibende) zwangsweise dem Ver- 
kehre zu einem Preise zuzuführen, der ohne Genehmigung der Landeszentralbehörde 
den Einkaufspreis um fünf vom Hundert nicht übersteigen darf. Die Zurückhaltung 
von Gegenständen des täglichen Bedarfs sowie von Gegenständen des Kriegsbedarfs 
wird ferner mit empfindlichen Geld= und Freiheitsstrafen bedroht, wenn ihr die 
Absicht, einen übermäßigen Gewinn zu erzielen, zugrunde liegt. Das gleiche gilt 
für alle Arten unlauterer Machenschaften, mit denen eine Preissteigerung dieser 
Gegenstände bezweckt wird. Schließlich wird jedem Strafe angedroht, der für die 
erwähnten Gegenstände Preise fordert, die nach Lage der Verhältnisse einen über- 
mäßigen Gewinn enthalten, oder solche Preise sich oder einem anderen gewähren 
oder versprechen läßt. 
Der Geltungsbereich der Bekanntmachung vom 23. Juli 1915 umfaßt in gleicher 
Weise die Gütererzeugung und die Güterverteilung. Insoweit sich ihr Anwendungs- 
gebiet auf Handel und Gewerbe erstreckt, lege ich den Handelskammern und den 
kaufmännischen Korporationen als den gesetzlich berufenen Vertretungen dieser 
Erwerbsstände ans Herz, sich in den Dienst der Bestrebungen zu stellen, die mit 
der Bekanntmachung verfolgt werden. So bereitwillig die Volksgesamtheit die ihr 
durch den harten und langdauernden Krieg auferlegten wirtschaftlichen Opfer auf 
sich genommen hat und täglich von neuem auf sich nimmt, so müssen diese Opfer 
och auf das durch das Gemeinwohl Gebotene beschränkt werden. Insbesondere 
muß mit allen Mitteln danach gestrebt werden, unter Ausschaltung unnötig hoher 
Zwischengewinne die Aufwendungen für den notwendigen Lebensunterhalt in 
Grenzen zu halten, die auch den weniger bemittelten Kreisen der Bevölkerung das 
Durchhalten erleichtern. Hierzu können Handel und Gewerbe wesentlich beitragen, 
wenn sie sich unter Zurückstellung ihrer reinen Erwerbsinteressen vor allem als im 
Dienste der Allgemeinheit stehend betrachten. In einem Kriege, in dem das ein- 
mütige Zusammenwirken aller in der Nation lebenden Kräfte die Voraussetzung 
des Erfolges ist, muß auch im wirtschaftlichen Leben die Rücksicht auf den eigenen 
Vorteil, die unter gewöhnlichen Verhältnissen eine der wirksamsten Triebfedern 
der Entwicklung bildet, zurücktreten. Der Krieg darf unter keinen Umständen als 
Konjunktur angesehen werden, aus der der größtmögliche Gewinn herauszuholen 
ist. Vielmehr ist es vaterländische Pflicht, besonders bei Gegenständen des täglichen 
Bedarfs, sich mit Gewinnen zu begnügen, die neben angemessener Lebensführung 
des Unternehmers und seiner Familie den Fortbestand des Unternehmens sicher- 
stellen. Von der Art, wie Handel und Gewerbe diese sich aus der Kriegslage er- 
gebenden vaterländischen Pflichten erfüllen, wird auf lange Zeit hinaus die Wert- 
schätzung dieser Berufsstände in Deutschland und der Einfluß, den sie auf unser 
öffentliches Leben ausüben werden, abhängen. Ich hege die Zuversicht, daß die 
Handelsvertretungen, soviel an ihnen liegt, im Sinne der obigen Anschauumgen 
auf die von ihnen vertretenen Kreise einwirken und diese zu einem Verhalten be- 
  
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