Volksernährung.
Der Reichskanzler kann die Ermittlung der im Gewahrsam der Kartoffelerzeuger
befindlichen Vorräte anordnen.
* 3. Die Kommunalverbände sind verpflichtet, den Fehlbedarf bei der Reichs-
kartoffelstelle bis zum 10. März 1916 anzumelden. Die Reichskartoffelstelle kann die
Lieferung der von ihr festgesetzten und dem Bedarfsverbande zugewiesenen Kartoffel-
mengen einem Uberschußverband oder einer von ihr mit der Vermittlung der Kar-
toffellieferung betrauten Stelle übertragen oder die Lieferung selbst übernehmen.
Die Kommunalverbände sind verpflichtet, die angemeldeten und ihnen von der
Reichskartoffelstelle zugewiesenen Mengen am Verladeort abzunehmen oder die
Abnahme durch den Abschluß von Lieferungsverträgen mit der ihnen bezeichneten
Stelle sicherzustellen und zu überwachen, daß die Kartoffeln ausschließlich zu Speise-
zwecken Verwendung finden. Die Heeresverwaltungen und die Marineverwaltung
können ihren Bedarf an Speisekartoffeln der Reichskartoffelstelle anmelden; sie
sind zur Abnahme der angemeldeten Mengen verpflichtet.
§ 4. Die Reich-kartoffelstelle kann bestimmen, welche Kartoffelmengen aus
einem Kommunalverband an die Reichskartoffelstelle oder die von ihr bestimmten
Stellen abzugeben sind. Die Reichskartoffelstelle kann die Bedingungen der Lie-
ferung und Abnahme vorschreiben.
Der Reichskanzler kann Grundsätze über die Verpflichtung der Kommunal=
verbände und der Kartoffelerzeuger zur Abgabe von Kartoffeln ausstellen.
§ 5. Die Kommunalverbände können die Regelung der Versorgung (5 1 Abs. 1
Satz 2) den Gemeinden für den Bezirk der Gemeinde übertragen. Gemeinden,
die nach der letzten Zählung mehr als zehntausend Einwohner haben, können die
Ubertragung verlangen.
§ 6. Die Landeszentralbehörden oder die von ihnen bestimmten Verwaltungs-
behörden können die Art der Regelung (§ 1 Abs. 1 Satz 2, § 5) vorschreiben und Aus-
nahmen von der Verpflichtung zur Regelung der Versorgung zulassen.
8 7. Die Kommunalverbände oder diejenigen Gemeinden, denen die Ver-
sorgung übertragen ist, können in ihrem Bezirke Lagerräume für die Lagerung der
Kartoffeln in Anspruch nehmen. Die Vergütung setzt die höhere Verwaltungsbehörde
endgültig fest. »
II. Ubergangsbestimmungen.
§Js 8. Die Kommunalverbände haben, soweit es zur Versorgung der Bevöl=
kerung für die Zeit bis zum 15. März 1916 erforderlich ist, die Kartoffelvorräte, die
sich in ihrem Bezirk im Gewahrsam von Händlern befinden, zu übernehmen und
in laufende Verträge, die von diesen über Lieferung von Kartoffeln abgeschlossen
und vor dem 15. März 1916 zu erfüllen sind, einzutreten; ausgenommen sind Ver-
träge mit den Heeresverwaltungen und der Marineverwaltung. »
Die Händler sind zur käuflichen Überlassung verpflichtet. Erfolgt die Über—
lassung nicht freiwillig, so gilt 8 14 der Bekanntmachung vom 4. November 1915.
III. Schlußbestimmungen.
§ 9. Die Landeszentralbehörden erlassen die erforderlichen Ausführungs-
bestimmungen. Sie bestimmen, wer als höhere Verwaltungsbehörde, als Kom-
munalverband oder als Gemeinde im Sinne dieser Verordnung anzusehen ist. Die
Landeszentralbehörden können anordnen, daß die den Gemeinden auferlegten
Verpflichtungen anstatt von den Gemeinden von deren Vorstand zu erfüllen sind.
§* 10. Wer den Anordnungen zuwiderhandelt, die ein Kommunalverband
oder eine Gemeinde, der die Versorgung übertragen ist, auf Grund dieser Verordnung
erlassen hat, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu
fünfzehnhundert Mark bestraft.
8 11. Der Reichskanzler kann Ausnahmen von den Vorschriften dieser Ver-
ordnung gestatten.
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