Gnadenerlasse.
Kllerhöchste Gnadenerlasse.
Vom 27. Januar 1917.
Ich willmeine Erlasse vom 27. Januar und 24. April 1915 sowie vom 27. Januar
1916 erweitern, wie folgt: n
1. Die bisher noch nicht niedergeschlagenen und noch nicht rechtskräftig er-
ledigten Untersuchungen gegen Personen, die vor dem heutigen Tage
die Eigenschaft als Kriegsteilnehmer erlangt haben, wegen der in den er-
wähnten Erlassen bezeichneten Straftaten werden niedergeschlagen,
wenn die Straftaten vor dem heutigen Tage und vor der Einberufung
des Täters zu den Fahnen begangen sind.
2. Den unter 1 bezeichneten Kriegsteilnehmern werden die vor ihrer Ent-
lassung von den Fahnen durch Urteil oder Strafbefehl eines preußischen
Zivilgerichts einschließch der auf Grund des Gesetzes über den Belagerungs-
zustand gebildeten außerordentlichen Kriegsgerichte oder durch Straf-
verfügung einer preußischen Polizeibehörde oder durch Strafbescheid
einer preußischen Verwaltungsbehörde wegen der vor der Einberufung.
zu den Fahnen begangenen Straftaten bis zum heutigen Tage rechts-
kräftig erkannten Strafen, soweit sie noch nicht vollstreckt oder erlassen sind,
einschließlich der Nebenstrafen und der rückständigen Kosten in Gnaden
erlassen, sofern die einzelne Strafe oder ihr noch nicht vollstreckter Teil
nur ein Verweis, Geldstrafe, Haft, Festungshaft bis zu einem Jahr ein-
schließlich oder Gefängnis bis zu einem Jahr einschließlich allein oder
in Verbindung miteinander oder mit Nebenstrafen besteht. Der Erlaß
der sebenstrefen erstreckt sich indessen nicht auf die nach § 42 Abs. 1 des
Militärstrafgesetzbuchs von Rechts wegen eingetretenen militärischen
Ehrenstrafen. Die vorstehend bezeichneten Strafen sind auch dann erlassen,
wenn sie zu einer Gesamtstrafe vereinigt sind; jedoch tritt in diesem Falle
der Straferlaß nur ein, wenn der Gesamtbetrag der Strafe oder sein
noch nicht vollstreckter Teil das oben bezeichnete Maß nicht übersteigt.
Auf die Strafen, die von einem der mit anderen Bundesstaaten gemein-
schaftlichen Gerichte erkannt sind, findet dieser Erlaß Anwendung, so-
fern nach den mit den beteiligten Regierungen getroffenen Vereinbarungen
die Ausübung des Begnadigungsrechts in dem betreffenden Falle Mir
zusteht. -- ,
Die Niederschlagung und der Straferlaß erfolgen unter der Bedingung, daß
nicht der Täter mit Rücksicht auf eine Straftat seine Eigenschaft als Kriegsteilnehmer
verloren hat oder verlieren wird; sie erstrecken sich ferner nicht auf solche Personen,
die Kriegsteilnehmer geworden sind, obwohl sie die Fähigkeit zum Dienst in dem
deutschen Heere oder der Kaiserlichen Marine gemäß 8. 31, 34 des Reichsstrafgesetz-
buchs, §§ 32, 33, 42 des Militärstrafgesetzbuchs verloren hatten. Soweit sich jedoch
auch Fälle dieser Art zu einem Gnadenerweise eignen, will Ich Einzelvorschlägen
auf Niederschlagung der Untersuchung oder auf Erlaß oder Milderung der Strafe
entgegensehen.
Ich ermächtige ferner den Justizminister, zugunsten der oben bezeichneten Kriegs-
teilnehmer und deren Hinterbliebenen in Strafsachen, die vor preußischen Zivil-
gerichten geschwebt haben und bis zum heutigen Tage rechtskräftig erledigt sind,
die Kosten, soweit sie noch nicht erlassen sind, ganz oder teilweise auch unter Rück-
erstattung bereits gezahlter Beträge niederzuschlagen, und die Befugnis zur Nieder-
schlagung auf andere Justizbehörden zu übertragen.
Die Minister der Justiz, der Finanzen, des Innern und des Krieges haben die
zur Ausführung dieses Erlasses erforderlichen Anordnungen zu treffen.
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