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Prozessuales Recht
Besonderes
Militärstrafgerichtsbarkeit
Besonderes
Bemerkungen
Bayer. G. v. 5. 11. 1912 (6. 8. 1914) über
den Kriegszustand.
Art. 1. Nach Ausbruch eines Krieges
oder bei unm. drohender Kriegsgefahr
kann durch Kgl. Verordnung der K. ver-
hängt werden.
Art. 3. Die in den §§ 81, 88, 90, 307, 311,
312, 315, 322, 323, 324 St GBB. mit lebensl.
Zuchthaus bedrohten Verbrechen werden mit
dem Tode bestraft, wenn sie in einem in K.
erklärten Orte oder Bezirke begangen werden.
Art. 4. Mit Gefängnis bis 1 Jahr, wenn
nicht die Gesetze eine schwerere Strofe an-
drohen, wird bestraft, wer in einem in K.
erklärten Orte oder Bezirke
1. in Bez. auf Zahl, Marschrichtung oder
angebliche Siege der Feinde wissentlich
folsche Gerüchte ausstreut od. verbreitet,
die geeignet sind, die Zivil-oder MWe-
behörden hins. ihrer Maßregeln irre zu
führen,
eine bei Verhängung des K. oder während
dess. von dem zuständ obersten Mil Be-
fehlshaber zur Erhaltung der öff. Sicher-
heit erlassene Vorschrift übertritt oder zur
Übertr. auffordert od. anreizt,
3. zum Hochverrat, Landesverrat od. zur
Brandstiftung od. zu einem sonstigen in
Art. 3 bez. Verbrechen od. zum Wider-
stande g. die Staatsg. od. zu einem in
85 1 und 3 des G. v. 3. 6. 1914 g. den
Verrat mil. Geheimnisse vorgesehenen
Verbrechen auffordert od. anreizt,
4. eine P. des Soldatenstandes zu einer
strafb. Handlung g. die Pflichten der mil.
Unterordnung, zur Verletzungeiner besond.
Dienstverrichtung od. zu einer sonstigen
V
Handlung g. die mil. Ordnung auffordert
od. anreizt.
Art. 11 Abs. 2. Die Art. 3 und 4 finden
auch auf Militärpersonen Anwendung.
[Vgl. 892 MStGB.]
Bay. G. v. 5. 11. 1912 Art. 11
Absatz 1: Die Militärstrafgerichts-
barkeit wird durch die Anordnung
des Standrechts nicht berührt.
L[S. MSt GO. 8§ 20, 27.
Min. B. 13. 3. 1913 VBl. S.
217: ·
Für die Erlassung der Anord—
nungen nach Art. 42 KZG. sind
zuständig:
der Oberbefehlshaber einer Ar-
mee, die Komm. Generale, und
wenn sie ins Feld abgerückt sind,
ihre Stellvertreter,
die Gouv. und Kdten von
Festungen, in der Pfalz auch der
Kdeur d. 3. Div., u., wenn er ins
Feld abg. ist, der ält. stellv. Inf.
Brig.Kdeur in der Pfalz.
Das K M. behält sich vor, Ano.
der in Art. 42 bez. Art auch
selbst zu treffen.
Ano. nach Arr. 42 sind, wenn
sie sich nicht nur an bestimmte
einz. Pers. wenden, in geeign.
Weise öff. bekannt zu machen.
Die bezeichn. Befehlshaber sind
befugt, ihnen untergebenen Offi=
zieren, die sich mind. in der
Dienststellung eines Stabsoffi-
ziers befinden, die Erlassung von
Ano. der in Art. 42 bez. Art zu
übertragen.
Bay. G. v. 5. 11. 1912.
Nach Art. 5 kann bei Verhängung
des Kriegszustandes oder während
desselben durch Kgl. Verordnung das
Standrecht angeordnet werden.
Art. 6. Das standrechtliche Gericht
[2 Offiziere und 3 Zivilrichter, dazu
2 Gerichtsbeisitzer] ist, wenn die Tat
nach der Verkündung der Verhängung
des K. begangen od. fortgesetzt w. ist,
zuständig für
2.
3.
1.
das Verbrechen des Hochverrats
u. Landesverrats,
Widerstand g. die Staatsgewalt,
die Fälle der 88 124, 126, 127, 130,
141 StGB.,
. Mord, Raub, Erpressung [Ver—
brechen],
die Fälle der 85 306 bis 308, 311
bis 313, 315, 317, 318 a, 321 bis
324, 329 StGB.
für die in den §§ 1 bis 7, 10 des
G. v. 3. 6. 1914 g. den Verrat mil.
Geheimnisse vorgesehenen Verbr.
und Vergehen,
für die Fälle des Art. 6") des
Auss G. v. 18. 8. 1879 zur RSt PO.
[Wer den Vero. zuwiderhandelt,
durch welche die Staatsregg. bei
droh. od. ausgebroch. Krieg den
Verkehr mit feindl. Ländern od.
feindlich besetzten Teilen des
Stoats- od. Reichsgebiets ver-
boten, beschränkt od. geregelt, die
Sammlung von Nachrichten, die
Verbreitung o. Veröff. gewisser
Mitteilungen sowie die Erlassung
gewisser Aufforderungen untersagt
oder beschränkt oder — ähnliche, mit
der Kriegsgefahr in Zhang stehende
Maßregeln angeordnet hat, soll,
insofern nicht die in S§ 15 u. 18
des RG. v. 7. 5. 74 über die Presse
enth. Bestimm. in Anw. zu kom-
men haben, mit Gef. od. Fhaft
bis 3 Mon. o. mit Geldstr. bis
600 M. bestraft w.),
. für die nach Art. 4 strafb. Hand-
lungen.
Ortlich zuständig ist das standr.
Gericht, in dessen Bezirke die Tat
Das Bay. G. v. 5. 11. 1912
berührt sich wiederholt mit dem
R. v. 3. 7. 1893. Die Anderung
des letzteren durch RG. v. 3. 6.
1914 hatte für Bayern das Noch-
tragsgesetz v. 6. 8. 1914 (GWVl.
S. 349) zur Folge. Weitere Ab-
änderungsgesetze v. 4. 12. 15 und
15. 7. 16 (s. unten).
*)) Die in diesem Art. bedrohten
Vergehen sind nach Art. 35 Ziff. 2
des bay. Ausf.G. zum REG.
von der schwurger. Zuständigkeit
ausgenommen. Ebenso Vergehen
aus § 10 des Spionage-Ges. 3. 6.
1914. Die Fassung des Art. 35
durch G. 21. 8. 14 (GVBl. 415)
hat hieran nichts geändert.