Full text: Kriegszustand, Kriegsstrafgesetze und Gerichtsbarkeit.

— 23 — 
  
  
Prozessuales Recht 
  
Besonderes 
Militärstrafgerichtsbarkeit 
Besonderes 
Bemerkungen 
  
Bayer. G. v. 5. 11. 1912 (6. 8. 1914) über 
den Kriegszustand. 
Art. 1. Nach Ausbruch eines Krieges 
oder bei unm. drohender Kriegsgefahr 
kann durch Kgl. Verordnung der K. ver- 
hängt werden. 
Art. 3. Die in den §§ 81, 88, 90, 307, 311, 
312, 315, 322, 323, 324 St GBB. mit lebensl. 
Zuchthaus bedrohten Verbrechen werden mit 
dem Tode bestraft, wenn sie in einem in K. 
erklärten Orte oder Bezirke begangen werden. 
Art. 4. Mit Gefängnis bis 1 Jahr, wenn 
nicht die Gesetze eine schwerere Strofe an- 
drohen, wird bestraft, wer in einem in K. 
erklärten Orte oder Bezirke 
1. in Bez. auf Zahl, Marschrichtung oder 
angebliche Siege der Feinde wissentlich 
folsche Gerüchte ausstreut od. verbreitet, 
die geeignet sind, die Zivil-oder MWe- 
behörden hins. ihrer Maßregeln irre zu 
führen, 
eine bei Verhängung des K. oder während 
dess. von dem zuständ obersten Mil Be- 
fehlshaber zur Erhaltung der öff. Sicher- 
heit erlassene Vorschrift übertritt oder zur 
Übertr. auffordert od. anreizt, 
3. zum Hochverrat, Landesverrat od. zur 
Brandstiftung od. zu einem sonstigen in 
Art. 3 bez. Verbrechen od. zum Wider- 
stande g. die Staatsg. od. zu einem in 
85 1 und 3 des G. v. 3. 6. 1914 g. den 
Verrat mil. Geheimnisse vorgesehenen 
Verbrechen auffordert od. anreizt, 
4. eine P. des Soldatenstandes zu einer 
strafb. Handlung g. die Pflichten der mil. 
Unterordnung, zur Verletzungeiner besond. 
Dienstverrichtung od. zu einer sonstigen 
V 
Handlung g. die mil. Ordnung auffordert 
od. anreizt. 
Art. 11 Abs. 2. Die Art. 3 und 4 finden 
auch auf Militärpersonen Anwendung. 
[Vgl. 892 MStGB.] 
  
Bay. G. v. 5. 11. 1912 Art. 11 
Absatz 1: Die Militärstrafgerichts- 
barkeit wird durch die Anordnung 
des Standrechts nicht berührt. 
L[S. MSt GO. 8§ 20, 27. 
Min. B. 13. 3. 1913 VBl. S. 
217: · 
Für die Erlassung der Anord— 
nungen nach Art. 42 KZG. sind 
zuständig: 
der Oberbefehlshaber einer Ar- 
mee, die Komm. Generale, und 
wenn sie ins Feld abgerückt sind, 
ihre Stellvertreter, 
die Gouv. und Kdten von 
Festungen, in der Pfalz auch der 
Kdeur d. 3. Div., u., wenn er ins 
Feld abg. ist, der ält. stellv. Inf. 
Brig.Kdeur in der Pfalz. 
Das K M. behält sich vor, Ano. 
der in Art. 42 bez. Art auch 
selbst zu treffen. 
Ano. nach Arr. 42 sind, wenn 
sie sich nicht nur an bestimmte 
einz. Pers. wenden, in geeign. 
Weise öff. bekannt zu machen. 
Die bezeichn. Befehlshaber sind 
befugt, ihnen untergebenen Offi= 
zieren, die sich mind. in der 
Dienststellung eines Stabsoffi- 
ziers befinden, die Erlassung von 
Ano. der in Art. 42 bez. Art zu 
übertragen. 
Bay. G. v. 5. 11. 1912. 
Nach Art. 5 kann bei Verhängung 
des Kriegszustandes oder während 
desselben durch Kgl. Verordnung das 
Standrecht angeordnet werden. 
Art. 6. Das standrechtliche Gericht 
[2 Offiziere und 3 Zivilrichter, dazu 
2 Gerichtsbeisitzer] ist, wenn die Tat 
nach der Verkündung der Verhängung 
des K. begangen od. fortgesetzt w. ist, 
zuständig für 
2. 
3. 
  
1. 
das Verbrechen des Hochverrats 
u. Landesverrats, 
Widerstand g. die Staatsgewalt, 
die Fälle der 88 124, 126, 127, 130, 
141 StGB., 
. Mord, Raub, Erpressung [Ver— 
brechen], 
die Fälle der 85 306 bis 308, 311 
bis 313, 315, 317, 318 a, 321 bis 
324, 329 StGB. 
für die in den §§ 1 bis 7, 10 des 
G. v. 3. 6. 1914 g. den Verrat mil. 
Geheimnisse vorgesehenen Verbr. 
und Vergehen, 
für die Fälle des Art. 6") des 
Auss G. v. 18. 8. 1879 zur RSt PO. 
[Wer den Vero. zuwiderhandelt, 
durch welche die Staatsregg. bei 
droh. od. ausgebroch. Krieg den 
Verkehr mit feindl. Ländern od. 
feindlich besetzten Teilen des 
Stoats- od. Reichsgebiets ver- 
boten, beschränkt od. geregelt, die 
Sammlung von Nachrichten, die 
Verbreitung o. Veröff. gewisser 
Mitteilungen sowie die Erlassung 
gewisser Aufforderungen untersagt 
oder beschränkt oder — ähnliche, mit 
der Kriegsgefahr in Zhang stehende 
Maßregeln angeordnet hat, soll, 
insofern nicht die in S§ 15 u. 18 
des RG. v. 7. 5. 74 über die Presse 
enth. Bestimm. in Anw. zu kom- 
men haben, mit Gef. od. Fhaft 
bis 3 Mon. o. mit Geldstr. bis 
600 M. bestraft w.), 
. für die nach Art. 4 strafb. Hand- 
lungen. 
Ortlich zuständig ist das standr. 
Gericht, in dessen Bezirke die Tat 
  
Das Bay. G. v. 5. 11. 1912 
berührt sich wiederholt mit dem 
R. v. 3. 7. 1893. Die Anderung 
des letzteren durch RG. v. 3. 6. 
1914 hatte für Bayern das Noch- 
tragsgesetz v. 6. 8. 1914 (GWVl. 
S. 349) zur Folge. Weitere Ab- 
änderungsgesetze v. 4. 12. 15 und 
15. 7. 16 (s. unten). 
*)) Die in diesem Art. bedrohten 
Vergehen sind nach Art. 35 Ziff. 2 
des bay. Ausf.G. zum REG. 
von der schwurger. Zuständigkeit 
ausgenommen. Ebenso Vergehen 
aus § 10 des Spionage-Ges. 3. 6. 
1914. Die Fassung des Art. 35 
durch G. 21. 8. 14 (GVBl. 415) 
hat hieran nichts geändert.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.