Full text: Lehrplan für die einfachen Volksschulen des Königreichs Sachsen vom 5. November 1878.

76 § 3. Deutsche Sprache mit Lesen und Schreiben. 
87) Diese täglichen Arbeiten, für welche die Schiefertafel oder 
auch das Tagebuch zu benutzen ist, können an verschiedene Unterrichts- 
gegenstände angeschlossen werden. Als besonders zweckmäßig erscheint 
es aber, den Hauptinhalt von Lesestücken je nach dem Standpunkte der 
Schüler entweder frei, oder mit Hilfen in einigen Sätzen niederschreiben 
zu lassen. S. Anmerkung 51 b. 
Dies kann teils in der Schule, teils zu Hause geschehen. Schreyer 
(Entwurf 2c.) empfiehlt, am Schlusse jeder Unterrichtsstunde aus den 
Sprach= und Sachgebieten die letzten 10 bis 15 Minuten zu einer 
Niederschrift in das Tagebuch zu verwenden. 
Vergl.: Lehrplan für die Fortbildungsschulen 2c., §2 Abfs. 10, 
insbesondere Anmerkung 40. 
88) Vergl. § 3 Abs. 3 des Lehrplanes. G.B.: „Von der Behandlung 
der Sprachlehre in der einfachen Volksschule ist alles auszuschließen, 
was den Schülern für das Verständnis und den richtigen Gebrauch der 
Sprache nicht von Wichtigkeit ist." 
„Falsch aber ist, wie Grüllich (Zweiter Beitrag 2c.) bemerkt, die 
Meinung, in der Volksschule sei Grammatik überhaupt nicht zu be- 
treiben; es reiche hin, das Sprachgefühl auszubilden, dazu aber sei 
Grammatik unnötig. Deshalb ist diese Ansicht unrichtig, weil das bloße 
Sprachgefühl nie zur vollen Sicherheit und Korrektheit insbesondere 
des schriftlichen Ausdruckes führen, weil ohne grammatischen Unterricht 
Festigkeit in der Interpunktion und Orthographie gar nicht erzielt werden 
kann. Am allerwenigsten ist es in der Volksschule möglich, das Sprach- 
gefühl so auszubilden, daß es sicherer leite als alle Regeln, da einer- 
seits das Kind in sprachlicher Hinsicht viel zu wenig in die Schule 
mitbringt, anderseits die Zeit zu genügender Ubung fehlt, endlich der 
Dialekt, den das Kind im Hause und Leben immer wieder hört, ein 
mächtiges Hindernis für die feste Angewöhnung neuhochdeutscher Sprach- 
sormen bildet.“ 
S. hierzu u. a: Dr. Haupt und Hesse, Deutsche Sprachkunde, 
Lehrerheft; Grüllich, Lehrplan 2c.; Baunack, Lehrplan 2c. 
89) S. Anmerkung 93. 
90) Bei den Sprech-, Lese= und Schreibübungen der Elementar- 
stufe wird es besonders auf die Bildung des Sprachgefühls ankommen; 
dazu tritt vom dritten Schuljahre an die Erklärung und Einübung der 
wichtigsten Spracherscheinungen (G. B.). 
Baunack, Lehrplan 2c.: „In den ersten beiden Schuljahren 
handelt es sich noch nicht um grammatikalische Betrachtungen, sondern 
um die Gewöhnung der Kinder, sich in sprachrichtigen Sätzen auszu- 
drücken, also um rein praktische Sprachlehre.“ Diese Arbeit geht in 
den folgenden Jahren bis ans Ende der Schulzeit fort, mehr und 
immer mehr unterstützt von den zur Volksschulbildung gehörigen 
Kenntnissen, die den Schülern beim Unterrichte in der Sprachlehre 
allmählich fest zu eigen gemacht werden. 
91) Über den Gang des Unterrichts in zwei= bez. vierklassigen 
Schulen geben die G. B. u. a. folgende Andeutungen.
	        
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