Full text: Lehrplan für die einfachen Volksschulen des Königreichs Sachsen vom 5. November 1878.

86 84. Rechnen. 
„ Sicherheit und Gewandtheit wird auf den späteren Stufen niemals er- 
zielt, wenn nicht im Zahlenraume bis 100 alles fest und sofort verfügbar ist.“ 
Vergl. hierzu: Grüllich, Lehrplan 2c.; Baunack, Lehrplan 2c.; 
Lehrpläne für die Inspektionsbezirke Döbeln, Zwickau, Dippoldis- 
walde und Chemnitz II. 
In einer Reihe von zwei-, drei= und vierklassigen Schulen hat es 
bisher nicht gelingen wollen, das Zahlengebiet von 1—1000 innerhalb 
der ersten vier Schuljahre genügend durchzuarbeiten. Man möchte des- 
halb die Rechenübungen auf das Gebiet von 1— 100 beschränkt sehen, 
zumal auch in diesem wirkliche Sicherheit nicht gewonnen werden könne, 
wenn man darüber hinauszuschreiten genötigt sei. Anderseits aber liegt 
die Erfahrung vor, daß auch in derartigen Schulen das Ziel der ge- 
dachten Stufe befriedigend erreicht worden ist. 
Es sollte daher unter allen Umständen mit der Einführung in den 
Zahlenraum von 1—1000 wenigstens begonnen werden. Was dagegen 
die abschließende Behandlung desselben betrifft, so steht es mit der Be- 
stimmung des Lehrplanes § 4 Abs. 4 nicht in Widerspruch, wenn sie erst 
in den für die letzten vier Schuljahre bestimmten Klassen erfolgt. 
100) Diese Erweiterung darf als Ausnahme von der Regel nur 
unter der Bedingung, daß die Rechenoperationen innerhalb der bereits 
behandelten Zahlengebiete vollständige Sicherheit erlangt haben, vor- 
genommen werden (G. B.). 
100b) Vom ersten Schuljahre an fortgehend auf allen Stufen, je 
nachdem die allmählich wachsenden Zahlenräume Gelegenheit bieten. 
S. u. a.: Baunack, Lehrplan 2c.; Lehrpläne für die Bezirke Dippoldis= 
walde und Chemnitz I. 
101) Die Grundrechnungsarten lassen sich erfahrungsmäßig schon 
innerhalb der ersten vier Schuljahre ohne wesentliche Schwierigkeiten auf 
die im Verkehr gebräuchlichen Brüche: Halbe, Viertel, Zehntel und selbst 
Hundertstel anwenden. Diese Bruchzahlen liegen dem Verständnis der 
hier in Frage kommenden Schüler tatsächlich minder fern, als vielfach 
angenommen wird. Wenn derartige Brüche in passend gewählten Auf- 
gaben schon frühe gelegentlich eingeführt werden, so werden sich die 
Schüler an den Umgang mit ihnen allmählich gewöhnen und in ihrer 
Behandlung künftighin eine größere Sicherheit erlangen als nach dem 
von alters her üblichen Unterrichtsgange, welcher erst gegen das Ende 
der Schulzeit zur Aufnahme von Bruchzöhlen in die Rechenaufgaben 
und damit zu sehr geringfügigen Erfolgen im Bruchrechnen gelangte. 
Eckardt (Lehr= und Stundenpläne 2rc.): „Brüche werden auf jeder 
Stufe angewendet.“ Dr. Wild (Stoffpläne 2c.): „In einfacher Weise 
werden vom ersten Schuljahre ab Brüche herangezogen.“ Baunack 
(Lehrplan 2c.): „Bei der Anwendung von Brüchen wird man anfangs 
nicht allzuweit gehen dürfen.“ 
Grüllich (Lehrplan 2c.): „Im dritten Schuljahre treten neben den 
ganzen Zahlen auch Bruchzahlen auf in den Formen, wie sie im ge- 
wöhnlichen Leben häufig angewandt und den Kindern verständlich ge- 
macht werden können: ½ bis ½0.“ Die Schreibweise 0,1 2c. wird als 
Verfrühung bezeichnet.
	        
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