Full text: Die Legimitationsprüfung der Bundesratsbevollmächtigten und der Reichtagsabgeordneten nach bisherigem Reichsstaatsrecht.

— 16 — 
und des Bundesrats gelten lassen, unter Vorbehalt des einen 
Ausnahinsfalles, wo der Verdacht der Fälschung sich erhob. 
Von Seydel und Rosenberg gehen m. E. zu weit; in ihrer-An- 
sicht liegt eine Vermengung von Ausfertigung und Verkün- 
dung. Wie Laband richtig feststellt, meinte die Verfassung aber 
doch tatsächlich zwei gänzlich gesonderte Akte, wenn sie von 
Ausfertigung und Verkündung sprach. Nach richtiger, vor 
allem von Arndt und Dambisch#) vertretener Ansicht bedeutete 
zwar die Ausfertigung des Gesetzes, daß es verfassungsgemäß 
zustande gekommen war, aber es war nur das zu prüfen, was 
die Verfassung vorschrieb, nicht aber, was in den Ge- 
schäftsordnungen des Bundesrats oder des Reichstags vor- 
geschrieben oder was sonst eine eigene innere Angelegenheit 
der Körperschaft war, wie vor allem die Legitimatlonsprüfung 
ihrer Mitglieder, also die „interna corporis.“ Dem Kaiser 
stand also weder vor noch nach der Beschlußfassung des Bundes- 
rats direkt das Recht oder die Pflicht zu, die Legitimation der 
betreffenden Bevollmächtigten zu prüfen2). Es wäre ja auch 
höchst unzweckmäßig gewesen, wenn die Ausfertigung des 
Gesetzes eine so weitgehende Arbeit bedeutet hätte. Sie wäre 
derart schwierig geworden, daß eine schnelle Aufeinanderfolge 
von Gesetzen, wie sie zu Zeiten notwendig werden konnte, 
damit unmöglich gemacht worden wäre. Denn die Legitima- 
tionsprüfung war, wie unten noch festgestellt werden wird, 
keineswegs eine nur äußerliche und schnell zu erledigende For- 
malität! Da war es doch weit zweckmäßiger, wenn die Körper- 
schaft selbst oder ihre Organe diese Tätigkeit übernahmen. 
2. Als nächste Möglichkeit ist ein Prüfungsrecht des 
Reichskanzlers in Betracht zu ziehen. Hierüber gehen die Mei- 
nungen sehr weit auseinander. Nur wenige nehmen ein 
Prüfungsrecht des Reichskanzlers ans). Die Gegner des 
1) Arndt, S. 184/185. Dambitsch S. 139/140. 
2) Val. Römer S. 21. 
3) So z. B. Laband S. 250, Zorn S. 158, Reincke, S. 33; da- 
gegen vor allem Rosenberg S. 11, Vogels S. 20.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.