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und des Bundesrats gelten lassen, unter Vorbehalt des einen
Ausnahinsfalles, wo der Verdacht der Fälschung sich erhob.
Von Seydel und Rosenberg gehen m. E. zu weit; in ihrer-An-
sicht liegt eine Vermengung von Ausfertigung und Verkün-
dung. Wie Laband richtig feststellt, meinte die Verfassung aber
doch tatsächlich zwei gänzlich gesonderte Akte, wenn sie von
Ausfertigung und Verkündung sprach. Nach richtiger, vor
allem von Arndt und Dambisch#) vertretener Ansicht bedeutete
zwar die Ausfertigung des Gesetzes, daß es verfassungsgemäß
zustande gekommen war, aber es war nur das zu prüfen, was
die Verfassung vorschrieb, nicht aber, was in den Ge-
schäftsordnungen des Bundesrats oder des Reichstags vor-
geschrieben oder was sonst eine eigene innere Angelegenheit
der Körperschaft war, wie vor allem die Legitimatlonsprüfung
ihrer Mitglieder, also die „interna corporis.“ Dem Kaiser
stand also weder vor noch nach der Beschlußfassung des Bundes-
rats direkt das Recht oder die Pflicht zu, die Legitimation der
betreffenden Bevollmächtigten zu prüfen2). Es wäre ja auch
höchst unzweckmäßig gewesen, wenn die Ausfertigung des
Gesetzes eine so weitgehende Arbeit bedeutet hätte. Sie wäre
derart schwierig geworden, daß eine schnelle Aufeinanderfolge
von Gesetzen, wie sie zu Zeiten notwendig werden konnte,
damit unmöglich gemacht worden wäre. Denn die Legitima-
tionsprüfung war, wie unten noch festgestellt werden wird,
keineswegs eine nur äußerliche und schnell zu erledigende For-
malität! Da war es doch weit zweckmäßiger, wenn die Körper-
schaft selbst oder ihre Organe diese Tätigkeit übernahmen.
2. Als nächste Möglichkeit ist ein Prüfungsrecht des
Reichskanzlers in Betracht zu ziehen. Hierüber gehen die Mei-
nungen sehr weit auseinander. Nur wenige nehmen ein
Prüfungsrecht des Reichskanzlers ans). Die Gegner des
1) Arndt, S. 184/185. Dambitsch S. 139/140.
2) Val. Römer S. 21.
3) So z. B. Laband S. 250, Zorn S. 158, Reincke, S. 33; da-
gegen vor allem Rosenberg S. 11, Vogels S. 20.