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b) Für den Fall, daß in einem Bundesstaate mehrere
Bewerber um den Thron stritten oder daß jemand sich wider—
rechtlich des Thrones bemächtigte und im ersteren Falle jeder
einzelne Bewerber seine Vertreter und im zweiten Falle neben
dem Usurpator auch andere Prätendenten ihre Vertreter
schickten, konnte, m. E. sogar mußte der Bundesrat die sich
meldenden Vertreter des betreffenden Staates entweder
sämtlich zurückweisen — wegen nicht gehörig erfolgter Legi—
timation — oder einen von ihnen zulassen und dadurch im-
plicite den Vollmachtgeber des betreffenden Bevollmächtigten
als den zur Vertretung befugten Landesherren anerkennen#.
Wie Laband aber richtig feststellt, hätte diese Entscheidung
jedoch nur ein einzelnes in der Staatsgewalt enthaltenes Recht
betroffen: die Stimmführung im Bundesrat. Der zurückge-
wiesene Prätendent konnte sich trotzdem im Besitz des Thrones
behaupten, mußte dann allerdings auf seinen Einfluß im Reich
verzichten. Überdies kam der Bundesrat ja gar nicht in die
Lage, über den Thronstreit zu entscheiden, wenn keiner der
verschiedenen Prätendenten einen Bevollmächtigten zum
Bundesrat entsandte! Gegen Laband wendet sich vor allem
v. Seydel mit Nachdrucke) und macht besonders folgende Ein-
wendungen: Die Entscheidungen eines Thronstreites auf dem
Wege der Legitimationsprüfung würde bedeuten, daß „Causa
minor majorem trahere“ würde. Ferner spricht er von einer
Überspannung dieses Rechtes. Denn wenn z. B. bei zwischen-
staatlichen Verträgen die Bevollmächtigen gegenseitig ihre
Legitimation prüften, so hätte darin doch nicht eine maßgebende
Prüfung des Rechts des Vollmachtsgebers auf seine Krone
gelegen. Wenn weiter die ersten Kammern die Legitimation
ihrer erblichen Mitglieder prüften, so hätte darin doch nicht die
Befugnis gelegen, einen Streit über die Erbfolge zu ent-
scheiden. In m. E. sachlich richtigen und schlagenden Gegen-
ausführungen wendet sich gegen von Seydels Ansicht vor allem
1) So Laband S, 250, auch H. Schulze II, S. 62.
2) v. Seypdel, Komm. S. 409.