Full text: Die Legimitationsprüfung der Bundesratsbevollmächtigten und der Reichtagsabgeordneten nach bisherigem Reichsstaatsrecht.

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Bei der Stimmenberechnung werden kaum schwer zu 
entscheidenden Fragen entstanden sein. 
2. Die Wahldelikte. 
Eine große Praxis hat der Reichstag seit seinem Bestehen 
in Bezug auf die sogenannten parlamentarischen Wahldelikte 
gehabt und bei diesen Gelegenheiten teilweise widerstreitende 
Entscheidungen getroffen. Im folgenden seien die haupt- 
sächlichsten Wahldelikte kurz erwähnt#9. 
Als wichtigstes Delikt kam zunächst die amtliche Wahl- 
beeinflussung in Betracht. Von der naiven Auffassung, in 
Anbetracht des geheimen Vorganges der Wahl sei eine Beein- 
flussung nicht denkbar, ist man bald abgekehrt. — Die Delikte 
mußten unter Zuhilfenahme des Amtscharakters begangen 
worden sein. Die Mittel waren: Wahlaufrufe zu Gunsten 
eines bestimmten Kandidaten, Auftreten in Wählerversamm- 
lungen, Stimmzettelverteilung durch untergeordnete Beamte, 
Androhung oon Nachteilen oder Versprechen von Vorteilen. — 
Wurden staatliche und kommunale Beamte in derartigem 
Umfange zu Gunsten eines bestimmten Kanoidaten tätig, 
daß daraus ein dementsprechender Wunsch der Staatsregierung 
zu entnehmen war, so bezeichnete die Reichstagspraxis die 
betreffende Kandidatur als „amtliche Wahlkandidatur“ und 
stellte das Vorgehen der Behörden in diesem Falle den anderen 
Wahldelikten gleich. 
Als unbedingt unzulässiges Wahldelikt erachtete der 
Reichstag auch die Beeinflussung von Kanzel und Beichtstuhl. — 
Wahlbeeinflussungen von privater Seite, z. B. vom Arbeit- 
geber her, wurden nur dann als Delikte angesehen, wenn 
gleichzeitig eine Verletzung des Wahlgeheimnisses vorlag. Dies 
felbaft zu erkennen ist. 6. Stimmzettel, welche auf eine nicht wählbare 
Person lauten. 7. Stimmzettel, welche eine Verwahrung oder einen 
Vorbehalt gegenüber dem Gewählten entbalten. 
1) Vgl. bierzu Hatschek, S. 550ff.
	        
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