Soweit im Stücklohn hergestellte Gegenstände infolge der Verbote 1 und 2 auf andere
Weise konfektioniert werden müssen als bisher, ist der Arbeitnehmer für den entstandenen
Mehraufwand von Zeit von dem Arbeitgeber am Lohn zu entschädigen.
In Streitfällen soll ein Gutachten der örtlich zuständigen Handwerkskammer eingeholt
werden.
Ein besonderer Unternehmergewinn darf aus einer derartigen Lohnerhöhung beim
Verkauf der hergestellten Waren nicht hergeleitet werden, d. h. der Verkaufspreis darf
höchstens um den wirklichen Betrag des Mehrlohns erhöht werden.
4. Werkstätten im eigenen Betriebe der Militär= und Marineverwaltung sind von
diesen Maßnahmen nicht betroffen.
5. Unmittelbare Heeres= oder Marinelieferanten, bei denen durch die Verbote 1 und 2
die Erfüllung der wueserreit in Frage gestellt wird, haben sich an die auftragerteilende
Stelle mit dem Ersuchen um Verlängerung der Lieferfrist zu wenden. Die anordnende
Behörde wird auf besonderes Ansuchen der auftragerteilenden Stellen in den Fällen, in
denen eine Verlängerung der Lieferfrist im Heeresinteresse nicht bewilligt werden kann,
zunehekrelung von den Verboten 1 und 2 für die Erledigung bereits laufender Aufträge
gewähren.
Auch die beschaffenden Stellen des Heeres und der Marine dürfen neue Aufträge nur
noch unter Berücksichtigung der Anordnungen dieser Bekanntmachung erteilen.
6. Irgend welchen Gesuchen um Befreiung aus anderen Gründen als den in Ziffer 5
genannten, kann nicht stattgegeben werden.
7. Die Bekanntmachung tritt mit ihrer Verkündigung in Kraft.
8. Abdrucke vorstehender Bekanntmachung (beim Webstoffmeldeamt der Kriegs-Rohstoff-
Abteilung des Königlich Preußischen Kriegsministeriums, Berlin SW 48, Verlängerte
Hedemannstraße 11, erhältlich) sind in den Räumen der in Betracht kommenden Betriebe
und Firmen anzuschlagen.
Die K. Oberämter werden ersucht, einen Hinweis auf diese Bekanntmachung in den
Amtsblättern veröffentlichen zu wollen.
Stuttgart, den 15. Januar 1916.
Der stello. kommandierende General:
v. Marchtaler.
Nr. W. M. 78/1. 16. K. R. A.
Stellv. Generalkommando XIII. (K. W.) Armeekorps.
Bekanntmachung, betreffend Arbeitszeit in Lumpen-Reißereien.
(aufgehoben durch Bekanntmachung vom 25. Januar 1917 H. B. S. 306.)
(Staatsanz. vom 18. Januar 1916 Nr. 13 S. 91.)
Auf Grund des § 9 Buchstabe b des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851
wird folgendes zur allgemeinen Kenntnis gebracht:
§ 1.
Die Verarbeitung von wollenen, halbwollenen und baumwollenen Lumpen und wollenen, halb-
wollenen und baumwollenen Gegenständen und Abfällen der Textilwarenherstellung auf Reißmaschinen
(Reißwölfen) ist, soweit nicht im folgenden Ausnahmen bestimmt sind, verboten.
§ 2.
Die in § 1 verbotene Verarbeitung darf insoweit erfolgen, als das Reißen zur Herstellung von
Kunstwolle bzw. Kunstbaumwolle für militärische Zwecke, d. h. auf Anordnnng oder mit Erlaubnis
der Kriegs-Rohstoff-Abteilung des Königl. Preuß. Kriegsministeriums, des Königl. Preuß. Bekleidungs-
Beschaffungsamtes, der Königl. Preuß. Feldzeugmeisterei, der Aktiengesellschaft zur Verwertung
von Stoffabfällen oder der Kriegs-Wollbedarf-Aktiengesellschaft erfolgt. Der Nachweis des Heeres-
auftrages gilt nur als geführt, wenn der betreffende Betrieb einen gültigen Ausweis einer der vor-
genannten Stellen in Händen hat. 8
83.
Für andere Zwecke (Herstellung von Zivilaufträgen) dürfen die Reißmaschinen zur Verarbeitung
der im § 1 angegebenen Lumpen, Gegenstände und Abfälle nur am Montag und Dienstag jeder
Woche und zwar an jedem dieser Tage höchstens 10 Stunden in Betrieb gehalten werden.
8 4.
Das Arbeiten mit Reißmaschinen, welche bis zum Inkrafttreten dieser Bekanntmachung nicht im
Betrieb waren, ist außer für militärische Zwecke (siehe § 2) verboten.
Die K. Oberämter werden ersucht, einen Hinweis auf diese Bekanntmachung in den Amtsblättern
veröffentlichen zu wollen.
Stuttgart, den 15. Jannar 1916. Der stellv. kommandierende General:
v. Marchtaler.
Arbeitszeit in
Lumpen--
reißereien.