Preisgestaltung
bei Web-, Wirk-
und Strickwaren.
§ 1.
Web--, Wirk= und Strickwaren dürfen zu keinem höheren Preise verkauft werden, als dem,
den der Verkäufer bei Gegenständen und Verkäufen gleicher oder ähnlicher Art innerhalb
der Kriegszeit vor dem 1. Februar 1916 zuletzt nachweislich erzielt oder als Verkaufspreis
festgesetzt hat. Fehlt es an einem solchen Preise oder sind die Gestehungskosten zuzüglich
Unkosten und angemessenen Gewinns höher als dieser Preis, so sind die Gestehungskosten
zuzüglich Unkosten und angemessenen Gewinns maßgebend.
Diese Vorschriften finden Anwendung auf Web-, Wirk= und Strickwaren, gleichgültig aus
welchen Spinnstoffen sie hergestellt sind, sowie auf die aus ihnen gefertigten Erzeugnisse.
Sie gelten nicht für Gegenstände dieser Art, soweit sie auf Grund der. ckanntmachung über
die Sicherstellung von Kriegsbedarf vom 24. Juni 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 357) nebst den
Erweiterungsbekanntmachungen vom 9. Oktober 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 645) und vom
25. November 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 778) beschlagnahmt sind und Preisbeschränkungen
unterliegen. 2
*2. .
Der Käufer kann, wenn er glaubt, daß der vereinbarte Preis die Grenze des § 1 Abs. 1
überschreitet oder, obwohl er sich in diesen Grenzen hält, unangemessen hoch ist, binnen zwei
* en nach Abschluß des Kaufvertrags Feststellung des Preises durch ein Schiedsgericht
beantragen.
Das Schiedsgericht setzt unter Ausschluß des Rechtswegs den angemessenen Preis fest;
seine Entscheidung ist endgültig; erfolgt gebühren= und stempelfrei.
Ergibt sich der Verdacht einer strafbaren Ueberteuerung durch den Verkäufer, so hat der
Vorsitzende des Schiedsgerichts der zuständigen Staatsanwaltschaft Mitteilung zu machen.
83.
Das Schiedsgericht ist befugt, auf Anrufen der Beteiligten vor Abschluß des Kaufver-
trags bei der Ermittlung des angemessenen Preises mitzuwirken.
84.
Der Reichskanzler erläßt die näheren Bestimmungen über die Errichtung, Zuständigkeit
und Zusammensetzung des Schiedsgerichts sowie über das Verfahren und setzt allgemeine
Richtlinien fest, welche die Schiedsgerichte bei ihrer Entscheidung zu beachten haben.
Er kann Ausnahmen von der Vorschrft des § 1 Abs. 1 zulassen.
§ 5.
Diese Verordnung tritt mit dem 1. April 1916 in Kraft. Die Frist zur Anrufung des
Schiedsgerichts (§·2 Abs. 1) läuft nicht vor dem 1. Mai 1916 ab. Der Reichskanzler be-
stimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens der Verordnung.
Berlin, den 30. März 1916.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers:
Delbrück.
Bekanntmachung des stellv. Generalkommandos XIII. (K. W.) Armerkorps.
Preisgestaltung bei Web-, Wirk= und Strickwaren.
(Beil. z. Staatsanz. vom 7. September 1916 Nr. 209 S. 1615.)
Durch die Verordnung des Bundesrats über Preisbeschränkung bei Verkäufen
von Web-, Wirk= und Strickwaren vom 30. März 1916 (Reichs-Gesetzbl.
S. 214) § 1 ist vorgeschrieben, daß Web-, Wirk= und Strickwaren Kundsätzlich zu keinem
höheren Preise verkauft werden dürfen als dem, den der Verkäufer bei Gegenständen und
Verkäufen Hleicher oder ähnlicher Art innerhalb der Kriegszeit vor dem 1. Februar 1916
zuletzt erzielt oder festgesetzt hat. Nur ausnahmsweise, wenn es an einem solchen Preise
fehlt oder die Gestehungskosten zuzüglich Unkosten und angemessenen Gewinnes nachweis-
lich höher sind als dieser Preis, sind die Gestehungskosten zuzüglich Unkosten und an-
gemessenen Gewinns maßgebend. Der Jsen der diese Vorschristen nicht beachtet, setzt
6c der Bestrafung wegen übermäßiger Preissteigerung nach der Bundesratsverordnung
gegen übermäßige Preissteigerung vom 23. Juli 1915 — Reichs-Gesetzbl. S. 467 — aus
(Gefängnis bis zu einem Jahre und Geldstrafe bis zu 10 000 Mark oder eine dieser
Strafen, außerdem Einziehung der Vorräte). Es kann auch auf Grund der Bundesrats-
verordnung vom 23. September 1915 betr. Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom
Handel (Reichs-Gesetzbl. S. 603) der Handel mit Web-, Wirk= und Strickwaren untersagt
werden.
Es ist beobachtet worden, daß die Vorschriften der Verordnung vom 30. März 1916
nicht genügend beachtet werden. Es hat vielfach eine Preisgestaltung Platz gegriffen, die
zu übermäßigen Gewinnen für die Fabrikanten und Händler führt. Das stellv. General-
kommando sieht sich deshalb genötigt, um insbesondere der minderbemittelten Bevölkerung