Full text: Handbuch der während des Krieges ergangenen Verordnungen des stellv. Generalkommandos XIII. (Kgl.Württm.) Armeekorps.

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8 5. 
Wird bei Erklärung des Belagerungszustandes für erforderlich erachtet, die Artikel 5, 
6, 7, 27, 28, 29, 30 und 36 der Verfassungsurkunde 1) oder einzelne derselben zeit= und 
distriktweise außer Kraft zu setzen, so müssen die Bestimmungen darüber ausdrücklich 
in die Bekanntmachung über die Erklärung des Belagerungszustandes ausgenommen oder 
in einer besonderen, unter der nämlichen Form (8 3) bekanntzumachenden Verordnung 
verkündet werden. 
Die Suspension der erwähnten Artikel oder eines derselben ist nur für den Bezirk 
zulässig, der in Belagerungszustand erklärt ist, und nur für die Dauer des Belagerungs- 
zustandes. 
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Die Militärpersonen stehen während des Belagerungszustandes unter den Gesetzen, 
welche für den Kriegszustand erteilt sind. — Auch finden auf dieselben die §§ 8 und 9 dieser 
Verordnung Anwendung. *. 
5 (. 
In den in Belagerungszustand erklärten Orten oder Distrikten hat der Befehlshaber 
der Besatzung (in den Festungen der Kommandant) die höhere Militärgerichtsbarkeit über 
sämtliche zur Besatzung gehörenden Militärpersonen. 
Auch steht ihm das Recht zu, die wider diese Personen ergehenden kriegsrechtlichen 
Erkenntnisse zu bestätigen. Ausgenommen hiervon sind nur in Friedenszeiten die Todes- 
urteile; diese unterliegen der Bestätigung des kommandierenden Generals der Provinz. 
Hinsichtlich der Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit verbleibt es bei den Vorschriften 
des Militärstrafgesetzbuches. 5n 
2 " ç 
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte der vorsätzlichen 
Brandstiftung, der vorsätzlichen Verursachung einer Ueberschwemmung oder des Angriffs 
oder des Widerstandes gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der Zivil= oder 
Militärbehörden in offener Gewalt und mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen 
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann statt der Todesstrafe auf zehn= bis 
zwanzigjährige Zuchthausstrafe erkannt werden. 
§69. 
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte 
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung oder angeblichen Siege der Feinde 
oder Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut oder verbreitet, welche geeignet sind, 
die ibil- oder Militärbehörden hinsichtlich ihrer Maßregeln irre zu führen, oder 
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes oder während desselben vom Militär- 
befehlshaber im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot übertritt oder zu 
solcher Uebertretung auffordert oder anreizt, oder 
I) l den Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen Widersetzlichkeit, der Befreiung eines 
Gefangenen, oder zu andern in § 8 vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne Erfolg, 
auffordert oder anreizt, oder 
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen gegen die Subordination oder Ver- 
gehungen gegen die militärische Zucht und Ordnung zu verleiten sucht, 
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, mit Gefängnis 
bis zu einem Jahre bestraft werden. 
Gesetz betreffend Abänderung des Gesetzes über den Belagerungszustand 
vom 4. Juni 1851. Vom 11. Dezember 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 813.) 
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen usw. ver- 
ordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des 
Reichstages, was folgt: 
§ 1. 
Bei Zuwiderhandlungen gegen § 9b des preußischen Gesetzes über den Belagerungs- 
zustand vom 4. Juni 1851 (Gesetzsammlung 1851, S. 451) kann, wenn der Kriegszustand 
1) An die Stelle der hier genannten Artikel der preuß. Verfassungsurkunde treten die ent- 
sprechenden Bestimmungen der württ. Verfassungsurkunde und der weiteren einschlägigen Reichs- 
und württembergischen Landesgesetze. Die angeführten Vorschriften der preuß. Verfassung beziehen 
sich auf die Gewährleistung der persönlichen Freiheit (Art. 5), die Unverletzlichkeit der Wohnung 
(Art. 6), die Suspension der ordentlichen Strafgerichte (Art. 7), die Freiheit der Presse (Art. 27, 
28), das Versammlungs= und Vereinsrecht (Art. 29, 30) und das Einschreiten der bewaffneten 
Macht (Art. 36). 
2) Zu vgl. auch § 4 des Einführungsgesetzes zum Str. G. B.
	        
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