Stellv Generalkommando
XX. Armeekorps. Allenstein, den 18. November 1916.
Abt. IIla Nr. 5463 I. U.
Kleiner Grenzverkehr.
Verordnung.
Auf Grund des § 9b des Gesetzes über den Belagerungszustand in Verbindung mit
dem Reichsgesetz vom 11. Dezember 1915 sowie auf Grund des § 4 der Kaiserlichen Ver-
ordnung vom 21. Juni 1916 (R. G. Bl. S. 599 ff) wird für die Regelung des Grenz-
nahverkehrs zwischen dem Gebiete des unterzeichneten Generalkommandos und demjenigen des
Kaiserlich Deutschen Generalgouvernements Warschau folgendes bestimmt:
§ 1.
Die Bewohner der Grenzkreise an der Reichsgrenze, die infolge ihrer wirtschaftlichen
Betätigung zum dauernden Verkehr über die Grenze nach den unmittelbar gegenüberliegenden
Grenzkreisen gezwungen sind, bedürfen zum Ueberschreiten der Grenze:
a) eines Passes oder eines mit Photographie versehenen amtlich abgestempelten Personal-=
ausweises. (Paßersatz nach der Paßverordnung vom 21. 6. 16 R. G. Bl. S. 609).
Für deutsche Reichsangehörige genügt als solcher der zum Aufenthalt im deutschen Grenz-
bezirk auf Grund der Verordnung des Generalkommandos vom 2. 10. 16 IIIa Nr. 4521
T. L. ausgestellte amtliche Personalausweis.
Von diesem Paß= oder Personalausweiszwang sind befreit: Kinder unter 14 Jahren
beim Grenzverkehr nach Polen, solche unter 15 Jahren beim Grenzverkehr nach Deutschland.
b) eines Grenzausweises und zwar:
1. für diejenigen Bewohner, die täglich die Grenze hin und zurück passieren müssen,
nach Muster A (grau):;
2. für diejenigen landwirtschaftlichen Arbeiter und Angestellte, die auf bestimmten Gütern
des gegenüberliegenden Grenzkreises beschäftigt werden, nach Muster B (blau);
3. für alle übrigen Grenzbewohner nach Muster C (rot).
Unter wirtschaftlicher Betätigung sind grundsätzlich nur die notwendigen land= und
forstwirtschaftlichen Arbeiten derjenigen Grenzbewohner, die zu beiden Seiten der Grenze Grund-
besitz haben, zu verstehen, sowie die Ausübung der beruflichen Tätigkeit durch Arbeiter, Hand-
lungsgehilfen und sonstige Angestellte, die unmittelbar an der Grenze wohnen und in einem
Betriebe jenseits der Grenze in einem festen Vertragsverhältnis stehen.
Ferner können deutschen Aerzten, Tierärzten und Hebammen zur Ausübung ihres Be-
rufs, Personen, die im Interesse des Heeres im Wirtschaftsbetriebe zwischen zwei Grenzorten
tätig sind, Ausweise zum Grenznahverkehr ausgestellt werden.
§ 5
8 2.
Zur Ausstellung der Grenzausweise sind zuständig im Grenzgebiet des XX. Armee-
korps nur das stellvertretende Generalkommando XX. Armeekorps, im Gebiete des General-
gouvernements Warschau die Militärgouverneure, die diese Berechtigung unter ihrer Verant-
wortung auf die Kreischefs und Ortskommandanturen übertragen können.
83.
Die Grenzausweise können auf die Dauer bis zu 3 Monaten ausgestellt werden. Die
hierfür zu erhebenden Gebühren betragen 2 Mark.
Sie können in besonderen Fällen von der Ausgabestelle ganz oder teilweise erlassen werden.
§ 4 (Strafbestimmungen)).
Wer die vorstehenden Anordnungen übertritt, zu ihrer Uebertretung auffordert, anreizt,
eine Uebertretung versucht oder unternimmt, wird auf Grund des § 9b des preuß. Gesetzes
vom 4. 6. 1851 (G. S. S. 451) und gemäß § 1 des Reichsgesetzes vom 11. 12. 1915.
(R. G. Bl. 813) mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder beim Vorliegen mildernder Umstände
mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft.
In gleicher Weise wird die Veräußerung oder der rechtswidrige Erwerb der Grenz-
ausweise bestraft.
*) Ergänzung der Strafbestimmungen vogl. Verordnung vom 15 Mai 1917 — Abt. IIIb Nr. 2509 —
nachstehend abgedruckt.