8 4.
Auf die Beschäftigung mit Heeresnäharbeiten angewiesen (§ 2 Ziffer 2) sind Frauen
und Mädchen, die wegen gesundheitlicher oder häuslicher Verhältnisse nicht in der Lage sind,
durch andere Arbeit (Fabrikarbeit usw.) einen bescheidenen Lebensunterhalt zu erwerben, und die
einen solchen Unterhalt auch aus anderen Mitteln nicht zu bestreiten vermögen.
Eine Ausweiskarte erhalten insbesondere nicht Frauen und Mädchen, die
a) voll arbeitsfähig sind und häusliche Pflichten nicht haben oder sich darin vertreten lassen
können;
b) sonstige eigene Einnahmen haben, die für einen bescheidenen Lebensunterhalt ausreichen;
c) einen Ernährer haben, der ihnen einen bescheidenen Unterhalt zu gewähren vermag.
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Jugendliche Personen unter 16 Jahren, mit Ausnahme der Schneiderlehrlinge, dürfen
keine Ausweiskarte erhalten, es sei denn, daß ganz besondere Ausnahmeverhältnisse vorliegen.
Für Heimarbeit sollen aus einer Hausgemeinschaft (Familie) in der Regel nur eine
Person, ausnahmsweise höchstens zwei Personen Ausweiskarten erhalten.
86.
Die Ausgabe der-Ausweiskarten erfolgt durch das Kriegsbekleidungsamt I. Armeekorps
in Königsberg.
Sämtliche mit Heeresnäharbeit beschäftigten Personen haben umgehend nach Erlaß
dieser Bekanntmachung eine Bescheinigung bei der zuständigen Ortspolizeibehörde zu beantragen
und sie ihrem Arbeitgeber vorzulegen.
Die Ortspolizeibehörden sind verpflichtet, diesen Anträgen unverzüglich zu entsprechen;
die Bestimmungen der §§# 2—5 sind hierbei genau zu beachten. Die Bescheinigungen müssen
enthalten:
Vor= und Zuname,
Geburts-Tag,-Monat, -Jahr und -Ort,
Genaue Wohnungsangabe,
Angabe, zu welcher Gruppe (vergl. § 2) die betr. Person zu rechnen ist; auf
§ 4 Abs. 2 wird besonders hingewiesen.
Die Ortspolizeibehörden haben eine laufende Kontrolliste über die erteilten Bescheini-
gungen zu führen; es ist besonders darauf zu halten, daß Bescheinigungen nicht doppelt aus-
gestellt werden.
Die Arbeitnehmer haben ihre Bescheinigung dem Arbeitgeber vorzulegen; letztere über-
senden sie gesammelt und alphabetisch geordnet dem Kriegsbekleidungsamt.
Späterer Mehrbedarf ist auf dem gleichen Wege beim Kriegsbekleidungsamt zu
beantragen.
Bestehen hiernach noch Zweifel, so veranlaßt die Polizeibehörde die Klarstellung und
entscheidet sodann, ob die Ausweiskarte auszustellen oder der Antrag abzulehnen ist. Im letzteren
Falle ist ein schriftlicher Bescheid mit kurzer Darlegung der Ablehnungsgründe zu erteilen.
Gegen die Ablehnung findet die Beschwerde im Aufsichtswege statt. Die Ausfsichts-
behörde hat das Kriegsbekleidungsamt l. Armeekorps in Königsberg gutachtlich zu hören und,
wenn sie dem Gutachten nicht beitreten kann, die Entscheidung des stellvertretenden General-
kommandos I. Armeekorps herbeizuführen. Tritt die Aufsichtsbehörde dem Gutachten des Kriegs-
bekleidungsamtes bei, so ist ihre Entscheidung endgültig.
§ V.
Die Ausweiskarten gelten nur für den Bereich des I. Armeekorps — ausschließlich
Kreis Rössel — ferner für die Kreise Heiligenbeil, Braunsberg, Mohrungen und Pr. Holland.
88.
Kein Arbeitgeber darf Personen mit Heeresnäharbeiten beschäftigen, die nicht im Be—
sitze einer vom Kriegsbekleidungsamt I. Armeekorps ausgestellten Ausweiskarte sind.
Im übrigen darf jeder Arbeitgeber seine bisherigen Arbeiter und Arbeiterinnen weiter
beschäftigen. Werden Stellen frei, so sind in erster Linie Inhaber von Ausweiskarten der
Gruppe 1 (§ 2 Ziffer 1), und nur wenn geeignete Kräfte dieser Art sich nicht melden,
Inhaberinnen von Ausweiskarten der Gruppe 2 und 3 (§ 2 Ziffer 2 und 3) anzunehmen.
Unter letzteren sind solche Frauen und Mädchen zu bevorzugen, die nachweisen, daß sie erwerbs-
unfähige Angehörige, namentlich Kinder, zu unterhalten oder zu unterstützen haben, oder die nur
vermindert arbeitsfähig sind.
§ 9.
Der Arbeitgeber hat die Ausweiskarte den mit Heeresnäharbeiten beschäftigten Personen
bei der Einstellung abzunehmen und unter Verschluß aufzubewahren. Der Arbeitsbeginn ist
sofort und bei der Entlassung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Aushändigung der
Ausweiskarte einzutragen. Die Richtigkeit der Eintragung ist durch Unterschrift oder Stempel
zu bestätigen.
Personen, in deren Ausweiskarte die Entlassung von der letzten Arbeitsstelle nicht ein-
getragen ist, dürfen zur Beschäftigung mit Heeresnäharbeiten nicht angenommen werden.
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