100 Vierter Abschnitt: Die Organisation des Reiches. $ 14
schehen in Hessen, Bremen, Schaumburg-Lippe, Mecklenburg-Strelitz und
Lippe !). Die Zuständigkeit des Amtes besteht in der Ueberwachung des
ganzen Geschäftsbetriebes der Versicherungsunternehmungen, insbesondere
hinsichtlich der Befolgung der gesetzlichen Vorschriften und der Einhaltung
des Geschäftsplanes. Gegen die Entscheidungen des Amtes steht den Betei-
ligten der Rekurs (beziehentl. die Beschwerde) an das verstärkte Aufsichts-
amt zu 2). Bei dem Amt wird ein Versicherungsbeirat aus Sachverständigen
des Versicherungswesens gebildet ?). Die Formen des Verfahrens und der Ge-
schäftsgang des Reichsamts, sowie die Zusammensetzung des Versicherungs-
beirats und die Zuziehung seiner Mitglieder werden durch Kaiserl. Verordn.
unter Zustimmung dcs Bundesrats geregelt. Die Verordn. ist dem Reichstage
bei seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntnisnahme vorzulegen ®). Die
Ausführungsvorschriften zum Gesetz kann der Bundesrat nach Anhörurg
des Versicherungsbeirats erlassen °).
h) Das Direktorium der Reichsversicherungsan-
stalt für Angestellte. Die Reichsversicherungsanstalt für Ange-
stellte bietet in ihrem jurist. Verhältnis zum Reich eine Analogie zur Reichs-
bank, indem sie ein vom Reichsfiskus verschiedener, selbständiger Träger
von vermögensrechtlichen Pflichten und Rechten, eine jurist. Person des
Privatrechts ist. Auch ihre Organisation ist der der Reichsbank ähnlich;
verschieden ist aber ihre Aufgabe und daraus ergeben sich auch Unter-
schiede hinsichtlich ihrer Funktionen und ihrer Verfassung. Vgl. darüber
unten $ 34.
$ 14. Die Reichsbeamten ®). I. Beamter ist derjenige, welcher sich frei-
willig dem Staate (Landesherrn) verpflichtet hat, ein Staatsamt zu überneh-
men, d. h. die zu diesem Amte gehörenden Geschäfte zu verrichten. Die
Führung eines Amtes ist der Zweck des Dienstvertrages, für den Begriff
des Beamten ist aber nicht die wirkliche Führung eines Amtes, son-
dern die Verpflichtung zur Führung eines solchen wesentlich; es gibt
auch Beamte zur Disposition des Dienstherrn. Eine Besoldung ist nicht
wesentlich, die Verpflichtung zur Amtsführung kann auch unentgeltlich über-
1) V. v. 3. Febr. 1902 (RGBl. 8. 43); v. 16. Nov. 1902 (RGBl. S. 279); v. 13. Dez.
1904 (RGBl. S. 449).
2) Ueber die Besetzung des verstärkten Aufsichtsamtes siehe $ 74 des zitierten
Reichsgesetzes.
3) RG. v. 12. Mai 1901 $ 72 (RGBl. 8. 160). V. v. 23. Dez. 1901 $ 18 ff. (RGBiI.
S. 499) u. v. 20. Mai 1904 (RGBl. 8. S. 215). Gegenwärtig besteht der Versicherungs-
heirat aus 54 Mitgliedern. B:>schl. des Bundesr. v. 11. Juni 1912 (RGBl. 8. 376).
4) RG. $ 80. — 5) Ebenda $ 114.
6) Gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbesmten vom 31. März
1873. RGBl. 8. 61. Es ist abgeändert durch das Reichsgesetz v. 17. Mai 1907 und in
neuer Fassung bekannt gemacht am 18. Mai 1907 im RGBi. S. 245 ff unter dem Titel
Reichsbeamtengesetz. Besoldungsgesetzv. 15. Juli 1909 (RGBi.
S. 573). Rehm, Die rechtl. Natur des Staatsdienstes nach deutschem Staatsrecht.
Hirths Annalen 1884 S. 565 £f., 1885 8.65 ff. Jellinek, System der subj. öffentl.
R. S. 177 ff. Meyer-Anschütz Staatsr. $ 142ff. Perels und Spilling,
Das Reichsbeamtengesetz, 2. Aufl. 1906. Pieper, Das Reichsbeamtengesetz, 2. Aufl.
1901. Brand, Das Reichsbeanitengesetz, 2. Aufl. 1907. Otto Mayer, Verwal-
tungsrecht Bd. 28.195 ff. Binding, Lehrb. des Strafrechts. Besonderer Teil Bd. II
S. 381 ff.