$ 18 Die Verwaltung. III. Das Behördensystem. 151
Rechtsordnung gestellt; den zur Verwaltung berufenen Behörden sind recht-
liche Schranken gesetzt gegenüber den Individuen, den Kommunen, den
anderen Organen des Staates selbst. Aber nur da, wo die Willenssphäre des
verwaltenden Staates mit irgend einer anderen vom Recht anerkannten
Willenssphäre in Kontakt kommt, wo ein wechselweiser Eingriff, eine Kolli-
sion, eine Ausgleichung möglich ist, kann für einen Rechtssatz Raum sein.
Regeln dagegen, die sich innerhalb der Verwaltung selbst halten, die
in keiner Richtung einem ausserhalb derselben stehenden Subjekte
Beschränkungen auferlegen oder Befugnisse einräumen, ihm nichts gewähren
und nichts entziehen, ihm nichts gebieten und nichts verbieten, sind keine
Rechtsvorschriften. Von diesen Erwägungen aus ergibt sich, warum Regle-
ments, Instruktionen und Dienstanweisungen trotz der Allgemeinheit der in
ihnen enthaltenen Regeln keine Rechtsvorschriften sind; aber ebenso ist ein
Gesetz, welches die Anlage einer Eisenbahn, die Aufnahme einer Anleihe
usw. vorschreibt, ein Akt der Verwaltung, nicht der Rechtsordnung; denn
es wird keinerlei Rechtsbeziehung zwischen dem verwaltenden Staat und
einem anderen ihm gegenüberstehenden Reschtssubjekt dadurch geregelt.
Es gibt nun aber sehr zahlreiche Vorschriften, welche nach ihrem Inhalt
eine doppelte Auffassung zulassen; sie können gedacht werden als blosse
Instruktionen für Behörden und Beamte; sie können aber auch in dem Sinne
aufgefasst werden, dass dadurch Dritten Rechte oder Pflichten erwachsen.
Ob das eine oder das andere gewollt ist, muss durch Interpretation festge-
stellt-werden. Wenn der Wortlaut und Zusammenhang der Vorschrift dar-
über keine Gewissheit gewährt, so bietet in der Tat die Form des Erlasses
ein in den meisten Fällen untrügliches Kennzeichen. Wenn die Form des
Gesetzes angewendet worden ist und der Inhalt als Rechtsvorschrift wirk-
sam seinkann , so ist anzunehmen, dass es auch Rechtsvorschrift sein soll.
Die Form der Verordnung dagegen ist an und für sich nicht geeignet zum
Erlass von Rechtsregeln, falls nicht eine gesetzliche Ermächtigung hierzu
erteilt worden ist; ist aber auf Grund gesetzlicher Delegation eine Verord-
nung ergangen, so hat sie die Kraft der Rechtsordnung nur dann, wenn sie
ordnungsmässig verkündigt ist. Für das Reichsstaatsrecht ergibt sich da-
her der einfache Satz, dass alle nicht im Reichsgesetzblatt verkündeten
Verordnungen nur die Kraft von Verwaltungsverordnungen haben. Vgl.
oben S. 141 fg.
III. Eine besondere Anwendung finden diese Grundsätze hinsichtlich der
Organisation des Behördensystems. Es gibt keinen Staat, dessen Verfassungs-
recht nicht darüber Regeln enthielte, welche Organe die verwaltende Tätigkeit
auszuüben haben, und dessen Gesetzgebung nicht Bestimmungen über die
Behördenorganisation träfe. Andererseits aber kann die einmal organisierte
und handlungsfähig gewordene juristische Person durch ihre eigene Tätigkeit
ihre Organisation weiter ausbilden. Ob nun die Einrichtung der Behörden
und die Abgrenzung ihres Geschäftskreises ein Akt der Gesetzgebung oder
der Verwaltung ist, bestimmt sich danach, ob die Massregel nur innerhalb des
Verwaltungsapparates wirksam sein soll, oder ob sie ihre Wirkungen ausser-