$ 18 Die Verwaltung. IV. Das Verwaltungsrecht. 153
Geltendmachung seines imperium und stellt sich auf die gleiche Stufe mit an-
deren Rechtssubjekten. Dieser Unterscheidung entsprechen die beiden Kate-
gorien von Verwaltungs-Rechtssätzen. Das imperium. ist in dem modernen
zivilisierten Staate keine willkürliche, sondern eine durch Rechtssätze be-
stimmte Gewalt; das ist das Merkmal des Rechtsstaates, dass der Staat von
seinen Angehörigen keine Leistung und keine Unterlassung fordern, ihnen
nichts befehlen und nichts verbieten kann, als auf Grund eines Rechtssatzes.
Diese Rechtsregeln können im Gewohnheitsrecht begründet sein; bei den
modernen staatlichen und rechtlichen Zuständen sind sie gewöhnlich durch
Gesetze sanktioniert. Diese Gesetze haben es sämtlich zu tun mit einer
Abgrenzung der Staatsgewalt. Sie geben die Rechtsvor-
schriften über die Einwirkungen, welche der Staat auf Personen und Ver-
mögen seiner Untergebenen vornehmen darf und sichern daher zugleich
andererseits die Sphäre, welche vor diesen Eingriffen rechtlich geschützt ist.
Der Gesamtinhalt aller dieser. Gesetze definiert den rechtlichen Inhalt der
Stastsgewalt, wie er durch die positive Gesetzgebung eines bestimmten
Staates in einem bestimmten Zeitpunkte fixiert ist. Insoweit dagegen der
Staat auf die Geltendmachung von Hoheitsrechten verzichtet und sich prin-
zipiell auf die gleiche Stufe mit anderen Rechtssubjekten stellt, schafft
sich der Staat für seine auf die Durchführung der staatlichen Aufgaben ge-
richtete Tätigkeit günstigere oder wenigstens besondere Rechtssätze. Solche
Gesetze modifizieren das Privatrecht, Strafrecht oder Prozessrecht und
setzen spezielle Regeln an die Stelle der allgemeinen. Dass diese spe-
ziellen Rechtssätze in besonderen Gesetzen formuliert sind, beruht nicht
auf ihrem juristischen Wesen, sondern auf technischen Gründen der Ge-
setzgebungskunst und auch die privatrechtlichen Gesetze, die Prozessord-
nungen und besonders das Strafgesetzbuch enthalten sehr zahlreiche Be-
stimmungen, welche mit Rücksicht auf die Verwaltungstätigkeit des Staates
die im allgemeinen herrschenden Rechtsregeln abändern oder ergänzen.
Beide Kategorien von Gesetzen sind Gesetze im materiellen Sinne des
Wortes, denn sie enthalten Rechtsregeln. Auch wenn sie in der Form der
Verordnungen ergehen, sind sie nicht Aeusserungen der Verwaltungstätig-
keit, sondern Akte der Gesetzgebung; nicht Handlungen des Staates, sondern
Sanktion von Rechtsregeln für die Handlungen desselben.
V. Die Verwaltung ist nicht bloss Anwendung und Ausführung, sondern
zugleich Fortbildung und Quelle des öffentlichen Rechts. Indem die Ver-
waltung innerhalb der vom Rechte gezogenen Schranken für die Befriedigung
der staatlichen und gesellschaftlichen Bedürfnisse Sorge trägt, führt sie zu
neuen Rechtssätzen. Gerade so wie der Geschäftsverkehr der Individuen
das Privatrecht langsam aber stetig weiter ausbildet und aus dem stets wieder-
kehrenden stereotypen Inhalte der Rechtsgeschäfte erst Gebräuche,
dann Rechtssätze schafft, welche als Gewohnheitsrecht oder durch ge-
setzliche Anerkennung bindende Kraft erlangen, so erzeugt auch die gleich-
mässige, in unzähligen Fällen wiederholte und den Bedürfnissen des Staats