$ 19 Die Formen der Verwaltungsakte. 157
fügung muss daher nicht nur rechtlich zulässig, sondern auch für die Errei-
chung der staatlichen Zwecke notwendig oder nützlich, mit einem Worte
zweckmässig sein. Die Entscheidung der Frage, ob die Verfügung diesem
Erfordernis entspricht, ist niemals eine rechtliche, sondern in allen Fällen
eine technische oder politische oder finanzwissenschaftliche usw. In der
Prüfung und Entscheidung dieser Zweckmässigkeitsfrage kommt die Frei-
heit der Verwaltung innerhalb der Rechtsschranken zur Verwirklichung.
Hierausergibtsich der prinzipielle Unterschied
zwischen Entscheidungen und Verfügungen. Die Ent-
scheidungen, auch diejenigen der Verwaltungsbehörden, sind ausschliesslich
durch Rechtssätze begründet; die Verwaltungsverfügungen, auch diejenigen
der Gerichte, müssen zugleich rechtlich erlaubt und durch Zweckmässigkeits-
gründe gerechtfertigt sein. Die Gesetze sind für die Verwaltungsbehörden
keineswegs weniger bindend wie für die Gerichte; die Verwaltungsbehörden
dürfen niemals aus Zweckmässigkeitsgründen die geltenden Rechtssätze ver-
letzen; aber sie werden innerhalb der durch die Rechtsordnung gegebenen
Grenzen durch Motive der Zweckmässigkeit zu ihren Handlungen bestimmt }).
Was die Form der Verfügung anlangt, so muss sie einem dreifachen
Erfordernis genügen; sie muss von demjenigen ausgehen, dem die Befugnis
zusteht, namens des Staates zu befehlen oder zu erlauben; sie muss ferner
in deutlich erkennbarer und zuverlässiger Weise enthalten, was der Inhalt
des Befehles ist; sie muss endlich demjenigen, dem der Befehl erteilt wird,
gehörig bekannt gemacht werden. Die Bekanntmachung geschieht der Regel
nach durch Behändigung (Insinuation oder Intimation). Ist die Verfügung
nicht an individuell bestimmte Personen, sondern an eine Mehrheit von Per-
sonen oder an unbekannte Personen gerichtet, so tritt an die Stelle der Be-
händigung die öffentliche Bekanntmachung durch Amtsblätter, Zeitungen,
Maueranschläge u. dgl. Eine solche Bekanntmachung hat begrifflich keinerlei
Verwandtschaft mit der Verkündigung der Gesetze und Rechtsverordnungen,
sondern sie ist wie das öffentliche Aufgebot ein Surrogat der Behändigung.
3. Der Dienstbefehl. Die Handlungsfreiheit innerhalb der gesetz-
lichen Schranken, welche für die Verwaltung charakteristisch ist, kann nicht
jeder einzelnen Behörde oder jedem einzelnen Beamten zustehen, ohne dass
die Einheit und Harmonie der Geschäftsführung gefährdet und gestört wird.
Die Zerlegung der staatlichen Geschäfte in kleine Geschäftskreise, welche den
einzelnen Aemtern zugewiesen sind, muss Hand in Hand gehen mit einer
Zentralisation der Geschäftsleitung: Die unteren Behörden sind demgemäss
bei ihrer Geschäftsführung den Anweisungen der vorgesetzten Behörde unter-
worfen und zur Befolgung der ihnen erteilten Anordnungen verpflichtet. Die
Verwaltung der Staatsgeschäfte vollzieht sich daher nicht bloss durch Be-
fehle an Untertanen, sondern auch durch Befehle an die eigenen Organe. Die
Befolgung der von der vorgesetzten Behörde innerhalb ihrer Kompetenz
1) Die von der Gesetzgebung gezogenen Grenzen können allerdings für bestimmte
Angelegenheiten so enge sein, dass für die Freiheit der Verwaltung ein geringer Spiel-
raum bleibt, ja die Verwaltung zur blossen ‚Exekutive‘ der Gesetze wird.