Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

8 25 Die deutschen Schutzgebiete. 199 
  
worfen worden, nachdem mit einzelnen Häuptlingen Verständigungen statt- 
gefunden hatten. Die Kosten der Verwaltung dieser Länder hat die Jaluit- 
gesellschaft in Hamburg übernommen. Durch kaiserl. V. v. 18. Ja- 
nuar 1906 (RGBI. S. 138) ist das Schutzgebiet mit dem der Karolinen, Palau 
und Marianen vereinigt worden. 
6. Kiautschou. Beide Seiten des Eingangs der Bucht von Kiau- 
tschou hat der Kaiser von China durch den Staatsvertrag vom 6. März 1898 
pachtweise, vorläufig auf 99 Jahre, an Deutschland überlassen und die 
Ausübung der Hoheitsrechte dem Deutschen Reich übertragen. Ferner 
soll in einer Zone von 50 Kilometern im Umkreise der Kiautschou-Bucht 
der freie Durchmarsch deutscher Truppen zu jeder Zeit gestattet sein; je- 
doch hat der Kaiser von China sich alle Rechte der Souveränetät in diesem 
Gebiete vorbehalten. Das auf Grund dieses Vertrages in deutschen Besitz 
übergegangene Gebiet ist durch den Erlass vom 27. April 1898 unter den 
kaiserlichen Schutz genommen worden. 
7. Die Inselgruppen der Karolinen, Palau und Marianen 
mit Ausnahme von Guam sind infolge des Staatsvertrages vom 12. Febr. 
und 30. Juni 1899 gegen eine Geldentschädigung von 25 Millionen Peseten 
von Spanien an das Deutsche Reich abgetreten und durch Erlass vom 18. 
Juli 1899 unter den kaiserl. Schutz genommen worden. Durch Verordnung 
vom gleichen Tage ist das Inselgebiet bis auf weiteres zu einem Teil des 
Schutzgebietes von Neuguinea erklärt worden. 
8. Inseln der Samoagruppe. Das gemeinschaftliche Protek- 
torat des Deutschen Reichs, Grossbritanniens und der Vereinigten Staaten 
von Nordamerika über Samoa, welches durch die Generalakte der Berliner 
Samoakonferenz vom 14. Juni 1889 begründet worden war, wurde durch 
eine Teilung dieser Gebiete beseitigt. Die Auseinandersetzung erfolgte 
durch die deutsch-englische Konvention vom 14. Nov. 1899 und den Vertrag 
der drei Mächte vom 2. Dezember 1899. Deutschland erhielt die westlich 
vom 171 Grad westlicher Länge von Greenwich liegenden Inseln; sie 
wurden durch Erlass vom 17. Februar 1900 unter den kaiserl. Schutz ge- 
nommen. 
9. Von den Schutzgebieten zu unterscheiden sind die sogen. Inter- 
essensphären. Sie beruhen auf völkerrechtlichen Verträgen und haben 
eine ausschliesslich völkerrechtliche Bedeutung. Diese Verträge setzen be- 
stimmte Grenzen fest, welche die kontrahierenden Staaten bei der Begrün- 
dung von Schutzherrschaften gegeneinander zu beobachten versprechen. 
Während die Schutzgebiete nur soweit reichen, als eine effektive Ober- 
hoheit des schutzherrlichen Staates besteht, begrenzen die Interessensphären 
Gebiete für zukünftige Okkupationen und Schutzherrschaften, so 
lange nicht das ganze Gebiet der Interessensphäre der Schutzgewalt effektiv 
unterworfen worden ist. Sie begründen daher unter den Kontrahenten 
ein ausschliessliches Recht zur völkerrechtl. Okkupation, ein jus excludendi 
alium. Zugleich enthalten sie die Anerkennung für die bereits effektiv ge- 
wordenen Okkupationen. Diejenige Macht, deren Interessen am meisten
	        
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