918 Siebenter Abschnitt: Die einzelnen Zweige der Verwaltung. 8 26,
nationale Verhandlungen über das Mass-, Münz-, und Gewichtssystem,
über Patentschutz, den Schutz von Fabrikzeichen und Warenmarken, über
Musterschutz und Schutz des Urheberrechts, über die Rechtshilfe und die
Beglaubigung von öffentlichen Urkunden, über internationale Massregeln
der Medizinal- und Veterinärpolizei, über Angelegenheiten des Press- und
Vereinswesens; alle die Reichsfinanzen berührenden internationalen Ange-
legenheiten; endlich alle Angelegenheiten, welche zum Gegenstande eines
völkerrechtlichen Vertrages zwischen dem Deutschen Reiche und dem Staat,
bei dessen Souverän der Reichsgesandte beglaubigt ist, gemacht worden sind ?).
Neben dieser ausschliesslichen Kompetenz der Reichsgesandten steht
denselben eine subsidiäre oder eventuelle zu, indem sie die Sonder-
interessen aller Bundesglieder und die Privatrechte aller Reichsangehörigen
wahrzunehmen haben, wofern nicht durch eine Landesgesandtsehaft für die
Vertretung derselben gesorgt ist. Hieraus ergibt sich, dass, wenn eine Landes-
gesandtschaft aufgehoben oder zeitweilig ausser Tätigkeit getreten ist, die
an demselben Hofe bestehende Reichsgesandtschaft kraft der ihr zustehenden
subsidiären Kompetenz ipso iure den Geschäftskreis der Landesgesändt-
schaft überkommt, ohne dass sie dazu besonders ermächtigt und beauftragt
zu werden braucht. Wenn dagegen ein Reichsgesandter abberufen
wird oder zeitweilig an der Wahrnehmung seiner Geschäfte verhindert ist,
so ist ein an demselben Hofe beglaubigter Landesgesandter nicht befugt,
den Reichsgesandten zu vertreten, ohne dass er vom Kaiser dazu besonders
bevollmächtigt und beauftragt wird und ohne dass er von seinem Landes-
herrn die Erlaubnis zur Uebernahme dieser Geschäfte erhält. In dem baye-
rischen Schlussprotokoll vom 23. Nov. 1870 Art. VII ist jedoch festgesetzt,
dass der Kaiser mit Zustimmung des Königs von ‚Bayern den Kgl.bayeri-
schen Gesandten an den Höfen, an welchen solche beglaubigt sind, Voll-
macht erteilen werde, die Reichsgesandten in Verhinderungsfällen zu vertreten.
2. Amtsgeschäfte. Die Gesandten und die bei Gesandtschaften
verwendeten Beamten haben obrigkeitliche Rechte der Natur der Sache
nach in der Regel?) nicht auszuüben, da ihre Tätigkeit im Auslande, also
ausserhalb des Herrschaftsgebietes des Reiches sich vollzieht. Verfügungen,
durch welche Handlungen oder Unterlassungen anbefohlen werden, können
Gesandte nicht erlassen, da sie nicht in der Lage sind, die Befolgung ihrer
Befehle zu erzwingen ?). Aber auch im übrigen ist ihre Tätigkeit durch
1) Hinsichtlich des passiven Gesandtschaftsrechts bestehen völlig analoge
Rechtssätze. Die Landesherren, resp. Senate der zum Reiche gehörenden Staaten
haben das unbeschränkte Recht, Gesandte auswärtiger Staaten zu empfangen; sie dür-
fen aber mit denselben nur über die besonderen Angelegenheiten ihres Landes und Hau-
ses Verhandlungen führen.
2) Ausnahnisweise können ihnen Geschäfte obrigkeitlicher Natur übertragen sein,
insbesondere Zustellungen, Beglaubigungen von Urkunden, Eheschliessungen, Beur-
kundungen von Geburts- und Sterbefällen. Aber auch wo dies der Fall ist, bilden diese
Geschäfte einen sehr unerheblichen und kleinen Teil ihrer gesamten Aufgabe.
3) Die Polemik, welche Zorn a.a. O. 8. 85fg. gegen diese Auffassung erhebt,
beruht auf einer Vermengung der Begriffe ‚amtlich‘ und ‚obrigkeitlich‘“. Die amt-
liche oder dienstliche Tätigkeit steht in Gegensatz zu der privaten Tätigkeit, den
ausseramtlichen Lebensbeziehungen. Der Begriff der Amtstätigkeit ist also
allerdings „nicht davon bedingt, dass im einzelnen Falle ein Untertanenverhällnis