Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

$ 26 Die auswärtigen Angelegenheiten. II. Konsulate. 223 
  
  
Konsuln zu entscheiden. Den Konsulaten liegen auch die zahlreichen 
Geschäfte ob, welche die Reichsvers.O. den Seemannsämtern zuweist ?). 
c) Polizeiliche Befugnisse). Die Reichskonsuln haben über 
die Schiffe der deutschen Handelsmarine die Polizeigewalt auszuüben ), 
insbesondere darauf zu: achten, dass die auf die Gesundheit und die Sicher- 
heit der Schiffsleute bezüglichen Vorschriften nicht verletzt werden. In die 
Hoheitsrechte des Staates, in dessen: Gebiet die Konsuln residieren, dürfen 
dieselben nicht eingreifen; eine Polizei-Strafgewalt über Handlungen der 
Schiffsleute ausserhalb des Schiffes steht ihnen daher ebensowenig zu, wie 
eine Einmischung in die Hafenpolizei. Wo die territoriale Staatsgewalt 
entweder allgemein den ausländischen Konsuln eine Polizeigewalt über die 
unter der Flagge ihres Staates fahrenden Schiffe zugesteht oder vertrags- 
mässig dem Deutschen Reich ein solches Recht eingeräumt hat’), sind die 
deutschen Konsuln ermächtigt und verpflichtet, diese Befugnisse in dem 
durch die Verträge normierten Umfange auszuüben. Im Zusammenhange 
mit den polizeilichen Funktionen der Konsuln steht die Pflicht der Schiffs- 
führer, die Ankunft und den Abgang des Schiffs dem Konsul zu melden ®). 
Ferner haben die Konsuln die Innehaltung der wegen der Reichsflagge be- 
stehenden Vorschriften ?) sowie die Auswandererschiffe zur Verhütung des 
Mädchenhandels zu überwachen ®). Sodann haben die Konsuln die Befugnis, 
Reichsangehörigen, welche sich in ihrem Amtsbezirke aufhalten, Pässe 
zu erteilen und zu visieren, sowie die von fremden Behörden ausgestellten 
Pässe zum Eintritt in das Bundesgebiet zu visieren ®). Endlich sind die 
Konsuln, welchen eine Gerichtsbarkeit zukommt, zum Erlass von Polizei- 
strafverordnungen befugt, und deren Nichtbefolgung mit Haft, Geldstrafe 
bis zu 1000 Mark und Einziehung zu bedrohen 1°). 
d) Vormundschaftliche Befugnise. In einer Reihe von 
Fällen liegt den Konsuln eine Fürsorge für Vermögens-Interessen von Reichs- 
angehörigen ob und sie haben dementsprechend die Befugnis, in diese Ver- 
mögens-Angelegenheiten einzugreifen. Diese Tätigkeit fällt durchweg unter 
1) Die näheren Anordnungen über die Voraussetzungen, das Verfahren, die zu 
leistende Entschädigung und die Bestrafung der Nichterfüllung des Befehls enthält 
dasReichsges. vom 2. Juni 1902 (RGBl. S. 212). Dazu ist ergangen dieVerordn. 
des Bundesrats v. 13. März 1903 (RGBl. 8. 12) und «die Dienstanweisung für 
Konsuln v. 30. Mai 1903 (Zentralbl. S. 60+4). 
2) Vgl. RVO. $$ 1107, 1113, 1208, 1214, 1753. 
3) Rossteuscher,Die Polizei der d. Konsuln in Hirths Annalen 1907 8. 143 ff. 
493 ff. u. König $S. „84 ff. 
4) Konsulatsges. $ 33. 
5) Vgl. Konsularvertr. mit Italien Art. 15. Spanien Art. 15, Russland Art. 11, 
Costa Rica Art. 31, Griechenland Art. 11, IHawai Art. 22, Domingo Art. 25, Niearagus 
Art. 26, Japan Art. 15 u. a. 
6) Die näheren Vorschriften darüber enthält jetzt das Reichsges. vom 18. Juni 
1911 (RGBl. S. 253). 
7) Konsulatsges. $ 30. Dienst-Instrukt. $ 30. Die Vorschriften sind enthalten 
in dem Gesetz von. 22. Juni 1599 (RGBl. S. 319). König S. 503. 
8) V. des Bundesr. v. 26. Febr. 1904 (RGBl. S. 136). König 8. 434; 607. 
9) Konsulatsges. $ 25. Ges. über das Passwesen v. 12. Oktob. 1367 (BGBl. 8. 33) 
$86 und 8 König N. 408. 
10) Konsulargerichtsbarkeitsgesetz $23 Abs. 4: $ 51. Die Verordnungen sind so- 
fort dem Reichskanzler mitzuteilen, welcher befugt ist, sie aufzuheben.
	        
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