246 Siebenter Abschnitt: Die einzelnen Zweige der Verwaltung. $ 27
jetzt geltenden Vorschriften sind in dem Erl. v. 18. April 1908 (Zentralbl.
S. 168) enthalten; sie sind den Vorschriften über den höheren Verwaltungs-
dienst nachgebildet. Es wird unterschieden zwischen Posteleven, Post-
referendaren und Postassessoren !).
B. Das Eisenbahnwesen 2). Zurzeit der Gründung des Norddeutschen
Bundes befanden sich die Deutschen Staaten in allen das Eisenbahnwesen
betreffenden Angelegenheiten im unbeschränkten Vollbesitz aller Hoheits-
rechte. Dieser Zustand wurde von der Norddeutschen Bundesverf. als Aus-
gangspunkt genommen. Das allgemeine Prinzip, dass den Einzelstaaten
alle Hoheitsrechte verblieben sind, soweit nicht die Bundesverf. sie einschränkt
oder auf den Bund überträgt, kommt auch hinsichtlich des Eisenbahnwesens
zur Anwendung. Die Nordd. Bundesverf. liess die Einzelstaaten, solange
nicht ein Reichsgesetz eine Aenderung herbeiführte, im Besitz der ihnen
bisher zustehenden Rechte der Gesetzgebung, Verwaltung und Beaufsichtigung.
Durch den verfassungberatenden Reichstag wurde sogar der Regierungs-
entwurf mehrfach noch in der Richtung verändert, dass die, Einzelstaaten
gegen Eingriffe der Bundesorgane möglichst gesichert werden. Allerdings
sollten aber die Zerfahrenheit, Vielgestaltigkeit und einzelstaatliche Willkür,
welche auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens herrschten, im Interesse der
Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs beseitigt werden. Zu
diesem Zwecke wurde die Zuständigkeit des Reiche zur Beaufsichtigung
des Eisenbahnwesens und zur Gesetzgebung über dasselbe anerkannt; zu-
nächst aber wurden den Einzelstaaten nur einige Regeln vorgeschrieben,
welche sie bei der ihn en zustehenden Verwaltung des Eisenbahnwesens
zu befolgen haben. Demgemäss enthält die Reichsverfassung Bestimmungen
von zweifacher Art; die einen betreffen die Zuständigkeit des Reichs zur
Gesetzgebung und Beaufsichtigung, die anderen die den Einzelstaaten bis
zum Erlass eines Reichseisenbahngesetzes obliegenden Verpflichtungen
und Beschränkungen. Die im Art. 4 Ziff. 8 dem Reich zugewiesene Zustän-
digkeit ist sachlich vollkommen unbeschränkt; räumlich wird nur für Bayern
das im Art. 46 der RV. anerkaunte Sonderrecht vorbehalten. Neben dieser
besonderen Gesetzgebungskompetenz über das Eisenbahnwesen kommt
leisten den Diensteid dem Landesherrn; in die Eidesformel ist die Verpflichtung
zum Gehorsam gegen die Anordnungen des Kaisers aufzunehmen. Vgl. Bohn 8, 41. 49
1) Siehe Jahrb. des öffentl. R. 1909 S. 417 fg.
2) Vgl. G. Meyer-Dochow, Verwaltungsr. $ 106ff.; Endemann, Das
Recht der Eisenbahnen, Leipz. 1886, Eger, Handb. des preuss. Eisenbahnrechts
2 Bde., Breslau 1889, 1896. Daselbst I S. 6—23 ein ausführliches Literaturverzeichnis.
Derselbe Die Eisenbahnverkehrsordn. v. 6. Okt. 1899. 3. Aufl. 1910. Gleim,
Das Recht der Eisenbahnen in Preussen, Berl. 1891ff. Fritsch, in Conrads Hand-
wörterb. 2, Aufl. 1900. Bd. 3 $S. 500ff. Derselbe, Die Eisenbahnen (Handb. der
Gesetzgeb. von Preussen und dem D. R. Bd. 19) Berlin 1906. Hänel, Staatsr. I
634 ff. Seydel, Kommentar 8. 88 fg.; 286 ff. Coermann, Die Deutsche Reichs-
Eisenbahngesetzgebung; Berl. Guttentag. Eisenbahnrechtliche Ent-
scheidungen und Abhandlungen. Zeitschrift für Eisenbahnrecht.
Herausgegeben von Eger. Breslau seit 1885. Köhne, Grundriss des Eisenbahn-
rechts. Berlin 1906. Alex. Krüger, Zur Geschichte des Bismarckschen Reichs-
eisenbahnprojekts v. 1876. Berlin 1909. Eine Reihe von Artikeln verschiedener Ver-
fassen im Wörterb. des D. St.- u. Verw.-Rechts von Fleischmann Bd. I S. 653—705
(1911).