Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

$ 29 Das Geld- und Bankwesen. II. Die Münzprägung. 961 
  
  
Endlich ist durch das Münzges. $ 14 Ziff. 2 der Bundesrat befugt, die 
zur Aufrechterhaltung eines geregelten Geldumlaufs erforderlichen poli- 
zeilichen Vorschriften zu erlassen. Auf Grund dieser Ermächtigung hat 
der Bundesrat Vorschriften v. 23. Juni 1910 (RGBl. S. 909) über Medaillen 
und Marken erlassen. 
Die vom Reiche an Stelle der Landeswährung eingeführte Reichswährung 
besteht aus zwei Gattungen von Münzen, Reichs-Goldmünzen und 
Reichs-Scheidemünzen!). Nur den ersteren kommt der Charakter 
als Geld vollständig und unbedingt zu; Reichs-Scheidemünzen dagegen sind 
grundsätzlich nur zu Zahlungen von geringfügigen Beträgen und zur Aus- 
gleichung der in Goldmünzen nicht zahlbaren Restbeträge bestimmt ?). 
Niemand ist verpflichtet, Silbermünzen im Betrage von mehr als 
20 Mark und Nickel- und Kupfermünzen im DBetrage von mehr als 
einer Mark in Zahlung zu nehmen ®). Das Reich ist verpflichtet, Scheide- 
münzen gegen Goldmünzen umzutauschen. Hinsichtlich dieser Verpflichtung 
ist angeordnet, dass von allen Reichs- und Landeskassen Silbor münzen 
in jedem Betrage in Zahlung angenommen werden, ferner dass an gewissen 
vom Bundesrat zu bezeichnenden Kassen Silbermünzen in Beträgen von 
mindestens 200 Mark und Nickel- und Kupfermünzen in Beträgen von min- 
destens 50 Mark auf Verlangen gegen Goldmünzen umgetauscht werden ®). 
Ebenso sind alle Kassen des Reichs und der Bundesstaaten verpflichtet, 
abgenutzte Reichsgoldmünzen, welche das Passiergewicht 
nicht mehr erreichen, zu dem vollen Werte, zu welchem sie ausgegeben wor- 
den sind, anzunehmen; sie dürfen von denselben aber nicht wieder in den 
Verkehr gebracht werden, sondern sie werden für Rechnurg des Reiches 
zum Einschmelzen eingezogen °). Ist die Verringerung des Gewichtes durch 
gewaltsame oder gesetzwidrige Beschädigung hervorgebracht , so findet 
weder eine Verpflichtung zur Annahme der Münzstücke in Zahlung, noch ein 
Anspruch gegen das Reich oder die Einzelstaaten auf Umtausch statt, gleich- 
viel, ob die Beschädigurg auf einem Verschulden oder auf einem zufälligen 
Ereignisse beruht ®). 
II. DieMünzprägung’) ist den Einzelstaaten verblieben. Das 
1) Die Goldmünzen sind Stücke zu 20 und 10 Mark (139'/: bez. 279 Stücke aus 
einem Kilogramm feinen Goldes); die Silbermünzen sind Stücke zu 5, 3, 2, 1 Mark 
u. 50 Pfennig (200 M. aus einem Kilogr. feinen Silbers); die Nickelmünzen sind Stücke 
zu 25, 10 und 5 Pfennig und die Kupfermünzen Stücke zu 2 und 1 Pf. Münzges. Art. 3; 
RG. v. 19. Mai 1908 Art. 1 (RGBl. S. 212). 
2) Der Gesamtbetrag der Silbermünzen soll ‚bis auf weiteres‘ 20 M., derjenige 
der Nickel- u. Kupfermünzen 2'/ M. für den Kopf der Bevölkerung des Reichs nicht 
übersteigen. Münzges. Art. 5. RG. v. 19. Mai 1908 Art. 2. 
3) Münzges. $ 9 Abs. 1. 
4) Münzges. $ 9 Abs. 2. 
5) Münzges. $ 11. Das Passiergewicht beträgt bei Goldmünzen 5 Tausendteile 
unter dem gesetzlichen Normalgewicht. Bei den Scheidemünzen ist ein Passiergewicht 
gesetzlich nicht fixiert, ebensowenig eine rechtliche Verpflichtung zum Um- 
tausch; das Münzges. $ 12 ordnet aber an, dass Scheidemünzen, welche infolge längerer 
Zirkulation und Abnützung an Gewicht oder Erkennbarkeit erheblich eingebüsst haben, 
auf Rechnung des Reiches einzuziehen sind. 
6) Münzges. $ 10. Vgl. Strafgesetzb. $ 150. 
7) Vgl. Helfferich S. 347£f.
	        
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