Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

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Siebenter Abschnitt: Die einzelnen Zweige der Verwaltung. s 31 
  
  
  
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zustehenden Kompetenz allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Aus- 
führung der GO. beschliesst. Rechtsvorschriften zur Ergänzung oder näheren 
Spezialisierung der GO. kann auch der Bundesrat nicht gültig erlassen, 
wenn er nicht durch die GO. selbst dazu ermächtigt ist, was in zahlreichen 
Artikeln geschehen ist. 
4. Die gesamte gewerbepolizeiliche Verwaltungstätigk it ist 
durchweg den Behörden der Einzelstaaten oder den Gemeindebehörden über- 
tragen. Abgesehen von einem unmittelbaren Anteil des Reiches in betreff der 
Gewährung und Entziehung der Befugnis zur Ausübung des Seeschiffer- 
gewerbes, ferner der Aufsicht über die Privatversicherungs-Unternehmen und 
dem Auswanderungswesen und einigen vereinzelten Zuständigkeiten des 
Reichskanzlers, gibt es keine unmittelbare Reichsverwaltung in gewerbepoli- 
zeilichen Angelegenheiten. Das Reich ist beschränkt auf die Oberaufsicht 
über die Tätigkeit der Behörden der Einzelstaaten und Gemeinden, welche 
nach Art. 17 der RV. der Kaiser führt; er bedient sich dazu des Reich--- 
amtes desInnern. 
II. Die Beschränkungen der Gewerbefreiheit. Der 
Grundsatz der Gewerbefreiheit ist in der GO. zwar zum Ausgangs- 
punkt genommen, aber nicht uneingeschränkt durchgeführt worden und na- 
mentlich die Novellen haben in grossem Umfange neue Ausnahmen und Be- 
schränkungen hinzugefügt. Die GO. unterscheidet drei Arten des Gewerbe- 
betriebs: das stehende Gewerbe, den Gewerbebetrieb im Umherziehen und 
dien Marktverkehr. 
1. Der Betrieb einesstehenden Gewerbes. Wer den 
selbständigen Betrieb eines Gewerbes anfängt, muss gleichzeitig der für den 
Ort, wo solches geschieht, nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde 
davon Anzeige machen. Bei Pressgewerben ist auch das Lokal, in welchem 
der Betrieb stattfindet, anzumelden 1). Wenn der Gewerbetreibende einen 
offenen Laden hat oder Gast- oder Schankwirtschaft betreibt, so muss er 
seinen Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen an 
der Aussenseite oder am Eingange des Ladens oder der Wirtschaft in deut- 
lich lesbarer Schrift anbringen ; Kaufleute, die eine Firma führen, ausserdem 
diese ?). Ausser diesen allgemeinen Pflichten bestehen folgende Ge- 
werbebeschränkungen: 
a) Die obrigkeitliche Genehmigung ist erforderlich zur Errichtung ge- 
wisser Anlagen, welche durch die örtliche Lage oder durch die Beschaffen- 
heit der Betriebsstätte für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten 
Grundstücke oder für das Publikum überhaupt erhebliche Nachteile, Gefahren 
oder Belästigungen herbeiführen können ®). Das Verfahren behufs Erteilung 
1) GO. $ 14. 15. Ausserdem noch eine besondere, also doppelte Anzeigepflicht 
für gewisse Gewerbe nach $ 35. 
2) GO. $ 15a (EinfGes. zum Handelsgesetzb. Art. 9). 
3) GO. $ 16. Die GO. enthält ein Verzeichnis dieser Anlagen, welches durch Be- 
schluss des Bundesrats vorbehaltlich der Genehmigung des nächstfolgenden Reichs- 
tages abgeändert werden kann. Von dieser Ermächtigung hat der Bundesrat wieder- 
holt Gebrauch gemacht. Die Landesgesetze können bestimmen, dass solche Anlagen 
in einzelnen Ortsteilen gar nicht oder nur unter besonderen Beschränkungen zugelassen 
sind. GO. 823 Abs. 3. (Garten- oder Villen-Stadtteilen.)
	        
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