Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

s 31 Die Gewerbepolizei. IV. Der Arbeiterschutz. 285 
Statut, welches der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde bedarf. 
Dem Ausschuss kann von der Landeszentralbehörde juristische Persönlich- 
keit beigelegt werden ($ 101 ff.). 
Innungen, welche nicht derselben Aufsichtsbehörde unterstellt sind, 
können zur gemeinsamen Verfolgung ihrer ÄAufgabezulnnungsverbän- 
den zusammentreten. Das Statut bedarf der obrigkeitl. Genehmigung. 
Durch Beschluss des Bundesrates kann Innungsverbänden die Eigenschaft 
der juristischen Person d. h. die selbständige Vermögensfähigkeit beigelegt 
werden ($ 104 ff.). 
Die Einzelstaaten sind verpflichtet, Handwerkskammern für 
grössere Bezirke zu errichten; auch können sich mehrere Bundesstaaten zur 
Errichtung gemeinsamer Handwerkskammern vereinigen. Sie haben für die 
Interessen des Handwerkorstandes eine ähnliche Aufgabe zu erfüllen, wie die 
Handelskammern für Handel und Industrie. Die Errichtung der Kammer 
und der Erlass eines Statuts liegt der Landeszentralbehörde ob; die Kammer 
ist der Aufsicht der höheren Verwaltungsbehörde unterstellt. Die Mitglieder 
werden von den Handwerkerinnungen und Gewerbevereinen des Bezirks ge- 
wählt. Bei der Kammer ist ein Gesellenausschuss zu bilden, welcher von den 
Gesellenausschüssen der Innungen gewählt wird ($ 103 ff.). 
IV. DerArbeiterschutz!). Die Vorschriften der GO. über das 
Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitern sind zum grossen Teile 
zwingender Natur, Verbote, gewisse Ansprüche vertragsmässig zu begründen 
oder sie geltend zu machen. Diese Verbote sind fast durchweg gegen die 
Arbeitgeber gerichtet und ihre Uebertretung bewirkt nicht nur Ungültig- 
keit des Vertrages, sondern zieht auch in den meisten Fällen Strafennach 
sich. Dagegen besteht in keiner Beziehung ein rechtliches Hindernis, den 
Arbeitern günstigere Bedingungen vertragsmässig oder tatsächlich zu ge- 
währen. Die — sehr zahlreichen und ins einzelne gehenden — Gebote und 
Verbote der GO. betreffen folgende Punkte: 
1. Die sog. Sonntagsruhe. Nicht nur die Verpflichtung der 
Arbeiter zum Arbeiten an Sonn- und Festtagen ist rechtsungültig, sondern 
in den im $ 105 b aufgeführten Betrieben dürfen Arbeiter — auch mit ihrer 
Einwilligung — an Sonn- und Festtagen nicht beschäftigt werden. Im Han- 
delsgewerbe dürfen Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter am ersten Weihnachts-, 
Oster- und Pfingsttage überhaupt nicht, im übrigen an Sonn- und Festtagen 
nicht länger als 5 Stunden beschäftigt werden. Durch statutarische Anord- 
nung kann diese Beschäftigung auf kürzere Zeit eingeschränkt oder ganz 
untersagt werden. Für eine Anzahl von Fällen, in denen das Arbeitsverbot 
mit besonders grossen Nachteilen, Belästigungen oder Gefahren verbunden 
wäre, sind in den $$ 105c bis 105i beschränkte Ausnahmen zugelassen. 
1) Evert, Handb. des gewerbl. Arbeiterschutzes. Berl. 1897. F. Nelken, Die 
Handwerker- und Arbeiterschutzgesetze. Berl. 1901. Köhne, Die Arbeitsordnungen 
im Deutschen Gewerberecht. Berl. 1901. Blankenstein, Die Rechtskraft der Ar- 
beitsordnungen. Arch. f. öff. R. Bd. 13 S. 119 ff. Apt, Die Rechtsnatur der in Arbeits- 
ordn. voıgesehenen Strafen Daselbst Bd. 15 S. 321 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.