Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

908 Siebenter Abschnitt: Die einzelnen Zweige der Verwaltung. $ 995 
  
  
  
  
Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Rinderpest erlassenen 
Vieheinfuhrverbote sind durch das Reichsges. vom 21. Mai 1878 (RGBl. S. 95) 
unter Strafe gestellt, welche erheblich höher ist als die im $ 328 des Straf- 
gesetzb. angedrohte; auch sind die fahrlässige Begehung des Delikts und der 
Versuch für strafbar erklärt. 
Die Handhabung der reichsgesetzlichen Vorschriften ist Sache der Lan- 
desregierungen; jedoch ist die Zuständigkeit des Reichs über die regelmässige 
Ueberwachung der Ausführung in einzelnen Punkten erweitert worden, nämlich: 
a) Der Kaiser ist ermächtigt, eine allgemeine Instruktion zu erlassen, 
welche den von den Einzelstaaten zu treffenden Bestimmungen zur Grundlage 
dient. Ges. $ 81). 
b) Der Reichskanzler ist ermächtigt, erforderlichenfalls ?) selb- 
ständig Anordnungen zu treffen oder einen Reichskommissar zu bestellen, 
welcher die Landesbehörden unmittelbar mit Anweisung zu versehen hat. 
Auch hat der Reichskommissar dafür zu sorgen, dass, wenn die Gebiete meh- 
rerer Bundesstaaten von der Rinderpest betroffen werden, unter den Mass- 
regeln der Landesbehörden Einheit hergestellt und erhalten wird. ($ 12.) 
c) Für die auf Anordnung der Behörden getöteten Tiere, vernichteten 
Sachen und enteigneten Plätze, sowie für die nach rechtzeitig erfolgter An- 
zeige des Besitzers gefallenen Tiere wird der durch Taxatoren festzustellende 
gemeine Wert aus der Reichskasse vergütet ($ 3). Ebenso fallen 
sämtliche Mehrkosten, welche durch die geleistete militärische Hilfe entstehen, 
der Reichskasse zur Last. ($ 14 Abs. 2.) 
3. Das Gesetz gegen die Rinderpest hat im $ 6 den Eisenbahnen die 
Desinfektion der zum Transport benutzten Eisenbahnwagen vorgeschrieben. 
Diese Bestimmung ist ersetzt und erweitert worden durch das Reichsge- 
setz v. 25. Febr. 1876, betreffend die Beseitigung von Ansteckungs- 
stoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen (RGBl. S. 163), welches die 
Desinfektion der Eisenbahnwagen nach jedesmaligem Gebrauch zum Vieh- 
transport vorschreibt, auch wenn keine besondere Seuchengefahr vorhanden 
ist. Der Bundesrat ist ermächtigt, Ausnahmen unter gewissen Be- 
schränkungen zuzulassen (Ges. $ 3) und allgemeine Normen aufzustellen für 
die von den Landesregierungen zu erlassenden Bestimmungen über das Ver- 
fahren, über Art und Zeit der zu bewirkenden Desinfektionen und über die 
Höhe der Gebühren ($ 4) ?). Die Verletzung der ergangenen Anordnungen 
seitens der im Eisenbahndienst beschäftigten Personen ist mit strengen 
Strafen bedroht ($ 5). 
4. Auf Grund der Art. 42 und 43 der RV. hat der Bundesrat ferner 
Anordnungen getroffen über die Beseitigung von Änsteckungsstoffen bei der 
Beförderung von lebendem Geflügel auf Eisenbahnen durch V. v. 2. Febr. 
1899 (RGBl. S. 11) *). Die Eisenbahnaufsichtsbehörden haben im Einver- 
1) Die jetzt geltende Instruktion ist vom 9. Juni 1873 RGBl. S. 147. 
2) Auch ohne dass die in $ 4 Abs. 2 des Viehseuchengesetzes erforderten Voraus- 
setzungen vorhanden sind. — 3) Die Ausführungsvorschriften des Bundesrats v. 
16. Juli 1904 sind im RGBl. S. 311 verkündigt worden. 
4) Die Herleitung der Zuständigkeit des Bundesrats aus Art. 42 u. 43 der RV.
	        
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