Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

300 Siebenter Abschnitt: Die einzelnen Zweige der Verwaltung. $ 34 
  
  
  
  
war mit erheblichen Nachteilen verbunden, indem die einzelnen Gesetze 
unter sich teilweise übereinstimmten, teilweise von einander abwichen 
und im ganzen wenig übersichtlich waren und indem zur Entscheidung der 
zahlreichen Streitfälle eine grosse Anzahl verschiedener Behörden berufen 
war. Auch bedurfte insbesondere die Krankenversicherung sowohl hinsicht- 
lich der versicherten Personen als hinsichtlich der Leistungen eine Erwei- 
terung vnd die Altersfürsorge musste auf die Hinterbliebenen ausgedehnt 
werden. Alle genannten Einzelgesetze mussten nach den in der Praxis ge- 
machten Erfahrungen in vielen Bestimmungen geändert und verbessert 
werden. Man entschloss sich daher zu einer Kodifikation des gesamten 
sozialen Versicherung rechte. Dieselbe ist erfolgt durch die Reichs- 
versicherungsordnung v. 19. Juli 1911 (RGBl. S. 509)1); sie 
betrifft unter Aufhebung der bisher in Geltung gewesenen Reichsgesetze die 
Krankenversicherung, die Unfallversicherung und die Invaliden- und Hinter- 
bliebenenversicherung ?). Die Bezeichnung ‚‚Altersversicherung‘“ ist fort- 
gefallen. Neben der RVO. ist die Versicherung für ‚Angestellte‘ in einem 
umfangreichen Gesetz v. 20. Dez. 1911 (RGBl. S.989) geregelt worden?). 
Den Inhalt dieser Gesetze mit einiger Vollständigkeit im Rahmen dieses 
Werkes wiederzugeben ist unmöglich ?); es kann nur der schwierige Versuch 
gemacht werden, die Grundlinien dieser Institution zu zeichnen. Da die 
Verschiedenheit in den Grundlagen und dem Aufbau der einzelnen Zweige 
der sozialen Versicherung durch die RVO. nicht ausgeglichen worden ist, so 
müssen sie besonders erörtert werden; nur einige Grundsätze sind allen 
gemeinsam ?°). 
1) Entwurf nebst wınfangreicher Begründung. Drucks. des Reichstages 1909;1911. 
Kommissionsbericht daselbst Nr. 9146. Verhandl. des Reichstags, Stenogr. Berichte 
S. 2457 ff. 6379 ff;. 7140 ff., Zusammıenstellung der Beschlüsse Drucks. Nr. 1037 und 
1097. Gleichzeitig mit der RVO. ist ein umfangreiches Einführungsgesetz 
ergangen. Entw. Drucksachen Nr. 682, Kommissionsbericht Nro. 1052 und 1100; 
Beratungen Stenogr. Berichte 8. 6272 ff.; 7313 ff.; 7358. Zusammenstellung der Be- 
schlüsse Drucks. Nr. 1101 und 1104. 
2) Die sehr reiche Literatur über das Arbeiterversicherungsrecht nach den bisher 
geltenden Gesetzen ist durch den Erlass der RVO. zum grössten Teil veraltet; ein Ver- 
zeichnis derselben gibt Frankenstein, Bibliographie des Arbeiterversicherungs- 
wesens im D. R. 1895. Noch jetzt beachtenswert und bedeutend sind: Rosin, DasR. 
der Arbeitervers. 2 Bde. Berlin 1893/95. Pilot y, Arbeiterversicherungsgesetze 3 Bde. 
2. Aufl. München 1904. Weyl,Lehrb. des Reichsvers.Rechts. Leipzig 1894. Funke- 
Hering, Buch der AV. Berl. 1905. Laß, In der Enzykl. v. Holtzendorff-Kohler 
IIS.761ff. Seydel, Bayr. Staatsr. 2. Aufl. 1896 Bd.3 8.140 ff. Zorn,D. Staatsr. 
2. Aufl. Bd. 28. 179 ff. Meyer-Dochow, Verw.R. $ 262. — Die wichtigsten Ab- 
änderungen des bisherigen Rechts durch die RVO. sind dargestellt von Rosin im 
Jahrb. des öff. R. Bd. 6 (1912) S. Lff. und von Pilotyin Seufferts Bl. f. Rechtsanw. 
v. 1912 S. 1£f., 57 ff., 81 ff. Zur RVO. sind eine grosse Zahl von Kommentaren teils 
erschienen, teils im Erscheinen begriffen; eine systematische Darstellung geben Kas- 
kel u. Sitzler, Grundr. des sozialen VR. Berlin 1912. 
3) Aus der Literatur sind hervorzuheben Manes u. Königsberger, Kom- 
mentar, Berl. und Leipz. 1912. Potthoff, Kommentar. Stuttg. 1912. 
4) Die RVO. hat 1805, das Einf.Ges. 104, das AngestelltenVG. 399 Paragraphen. 
Dazu kommen noch umfangreiche Verordnungen und Ausführungsbestimmungen. 
5) Die RVO. ist, soweit es sich um die Massnahmen zu ihrer Durchführung handelt, 
sofort in Kraft getreten; die Vorschriften des 4. Buches (Inval.- und Hinterbl.Vers.) 
sind am l. Januar 1912 in Kraft getreten; die Tage, mit denen die übrigen Vorschriften 
der RVO. in Kraft treten, werden durch kaiserl. Verordn. mit Zustimmung des Bundes- 
rats festgesetzt. Einf.Ges. Art. 1—4. Diese Verordnungen sind noch nicht ergangen.
	        
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