Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

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or 
330 Achter Abschnitt: Das Gerichtswesen. $ 
Achter Abschnitt. 
Das Gerichtswesen. 
$ 35. Die Gerichtsbarkeit. 1. Der Ausdruck ‚‚gerichtsbar‘‘ besagt, dass 
eine Angelegenheit zur Zuständigkeit der Gerichte gehört, dass sie geeignet 
ist, vor Gericht gebracht und daselbst verhandelt und erledigt zu werden; 
Gerichtsbarkeit im objektiven Sinne ist die Gesamtheit dieser Angelegen- 
heiten; Gerichtsbarkeit im subjektivem Sinne ist die Befugnis, diese Ange- 
legenheiten in rechtswirksamer Weise zu erledigen, resp. die zu ihrer Erledi- 
gung bestimmten Gerichte einzusetzen und die Art und Weise der Erledigung 
zu regeln. Da unter der Bezeichnung ‚‚Gericht‘‘ sehr zahlreiche und verschie- 
denartige Behörden verstanden werden und die Abgrenzung der Geschäfte, 
welche den als Gerichten bezeichneten Behörden zugewiesen sind, eine wech- 
selvolle und willkürliche ist, so lässt sich eine materielle, juristisch verwend- 
bare Definition im allgemeinen nicht geben, sondern man kann nur mit Rück- 
sicht auf ein bestimmtes positives Recht und eine bestimmte positive Behör- 
denorganisation diejenigen Angelegenheiten aufzählen, welche ‚gerichtsbar“ 
sind. Die Gerichtsbarkeit bildet den Gegensatz zu den durch die Verwaltungs- 
behörden zu führenden Geschäften; aber dieser Gegensatz fällt nicht zusam- 
men mit dem Gegensatz der Verwaltung und Rechtsprechung; denn die Ge- 
richtsbarkeit umfasst auch Verwaltungsgeschäfte, soweit dieselben nämlich 
den „Gerichten“ obliegen, und eskann andererseits den ‚Gerichten‘ die Er- 
ledigung gewisser Rechtsstreitigkeiten entzogen und Verwaltungsbehörden 
übertragen sein. 
Nach den verschiedenen Kategorien von Gerichten oder nach den ver- 
schiedenen Kategorien der den Gerichten übertragenen Geschäfte lassen sich 
z&hllose Einteilungen der Gerichtsbarkeit aufstellen. Für das Reichsstaats- 
recht aber ist eine Einteilung von hervorragender Wichtigkeit, nach welcher 
das Gesamtgebiet der Gerichtsbarkeit in zwei Teile zerfällt, von denen 
dereine von der ‚ordentlichen streitigen“ Gerichtsbarkeit, der an- 
dere von allen übrigen zur Gerichtsbarkeit gehörenden Betätigungen 
der Staatsgewalt gebildet wird. Die eingreifende staatsrechtliche Bedeutung 
dieser Unterscheidung besteht darin, dass die Ausübung der ordentlichen 
streitigen Gerichtsbarkeit durch Reichsgesetze geregelt, die der übrigen Ge-
	        
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