Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

376 Neunter Abschnitt: Die bewaffnete Macht des Reiches. $ 42 
  
  
allen anderen Untertanenpflichten verschieden, dass eskeinerechtlichen 
Grenzen für das gibt, was dienstlich befohlen werden kann, sowie durch die 
schweren Straffolgen, welche der Ungehorsam nach sich ziehen kann !). Die 
Erfüllung der Treuverpflichtung ist durch den Fahneneid, welcher dem Lan- 
desherrn zu leisten ist, gesichert, sowie bei gewissen, im Gesetz vorgesehenen 
Tatbeständen durch Strafandrohungen ?). Der aktive Dienst ist zwar unent- 
geltlich zu leisten; der Staat übernimmt aber, während der Untertan durch 
den Dienst an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist, die Fürsorge für seine Le- 
bensbedürfnisse teils in der Gestalt der Naturalverpflegung teils durch Geld- 
gewährung (Löhnung). 
5. Die Dienstpflichtin derReserveundinder Land- 
oder Seewehr. Gemeinsam ist beiden, dass sie die militärische Ausbil- 
dung der Wehrpflichtigen, also die Ableistung der aktiven Dienstpflicht, zur 
Voraussetzung haben; ferner dass die Wehrpflichtigen von dem aktiven Dienst 
zwar dispensiert sind, aber sich bereit halten müssen, der Einberufung zu den 
Fahnen Folge zu leisten; endlich dass die Mannschaften zu Uebungen, Kon- 
trollversammlungen und Meldungen verpflichtet sind. Die Reservemann- 
schaften sind zu zwei Uebungen von höchstens je acht Wochen, die Mann- 
schaften der Landwehrinfanterie I. Aufgebots zu zwei Uebungen von 8—14 
Tagen in besonderen aus Mannschaften des Beurlaubtenstandes gebildeten For- 
mationen verpflichtet. Die Landwehrkavallerie wird im Frieden zu Uebungen 
nicht herangezogen. Die Landwehrmannschaften aller übrigen Waffen- 
gattungen sind in demselben Umfange wie die der Infanterie verpflichtet; 
die Uebungen können aber entweder in besonderen Formationen oder im An- 
schluss an die betreffenden Linientruppenteile stattfinden ?). Die zur Land- 
wehr II. Aufgebots und zur Seewehr II. Aufgebots gehörigen Personen dür- 
fen im Frieden zu Uebungen nicht herangezogen werden. Zur Gestellung zu 
Kontrollversammlungen können die Mannschaften der Reserve jährlich zwei- 
mal, die Mannschaften der Land- und Seewehr I. Aufgebots, sowie der Er- 
satzreserve, jährlich einmal zusammenberufen werden *). Zur Führung der 
Kontrolle dienen die Landwehrstammrollen, welche von den Bezirkskomman- 
dos geführt werden. Um die Landwehrstammrollen jederzeit in Ordnung zu 
halten, sind die Mannschaften des Beurlaubtenstandes verpflichtet, von jedem 
Wechsel ihres Aufenthaltsortes oder in ihrer Wohnung dem Bezirksfeldwebel 
Meldung zu erstatten. 
Im Falle der Mobilmachung sind die Mannschaften der Reserve, Land- 
1) Siehe Militärstrafgesetzbuch $ 89 —113 und für die leichteren Fälle die Dis- 
ziplinarstrafordnungen für das Heer und für die Maiine: ferner die Vorschriften über 
die Behandlung der Beschwerden. Vgl. a. a. O. S. 149, 150. Eine Ausnahme von der 
Pflicht zum sogen. „blinden‘‘ d. h. unbedingten Gehorsam bildet nur der Fall, wenn 
dem Untergebenen bekannt gewesen, dass der Befehl des Vorgesetzten eine Handlung 
betraf, welche ein bürgerliches oder militärisches Verbrechen oder Vergehen hezweckte. 
Militärstrafgesetzb. $ 47. 
2) Insbesondere die Bestrafung der Feigheit, Desertion, Gefährdung der Kriegs- 
macht im Felde duıch Verletzung einer Dienstpflicht, wissentlich unwahre Aussagen in 
dienstlichen Angelegenheiten usw. — 3) RG. v. 15. April 1905 Art. II $ 3. 
4) Kontrollges. $ 1. Die zur Land- und Seewehr II. Aufgebots gehörenden Mann- 
schaften dürfen im Frieden zu Kontrollversammlungen nicht herangezogen werden. 
Ges. v. 11. Febr. 1888 $ 4 Ziff. 1; $ 21 Ziff. 4.
	        
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