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wehr und Seewehr verpflichtet, der Einberufung zur Fahne (zur Flotte) Folge
zu leisten. Die Einberufung erfolgt auf Befehl des Kaisers und zwar, nach
Massgabe des Bedarfs und soweit die militärischen Interessen es gestatten,
nach den Jahresklassen, von der jüngsten beginnend.
6. DieErsatzreservepflichtisteineeventuelle Dienst-
pflicht im Heere oder in der Marine. Die Ersatzreservisten sind verpflichtet
zur Ableistung von drei Uebungen von 10, 6 und 4 Wochen. Dieser Ausbil-
dung brauchen aber nicht alle Ersatzreservisten unterworfen zu werden, viel-
mehr wird alljährlich die Zahl der zur ersten Uebung einzuberufenden Mann-
schaften durch den Reichshaushaltsetat festgesetzt. Hinsichtlich der Kon-
trolle und Meldepflicht gelten für die Ersatzreserve dieselben Regeln wie
für die Landwehr I. Aufgebotes. Die Zugehörigkeit zur Ersatzreserve dauert
zwölf Jahre; nach Ablauf derselben treten diejenigen Ersatzreservisten,
welche geübt haben, zur Landwehr II. Aufgebots, die übrigen zum Land-
sturm I. Aufgebots über !).
7. Die Landsturmpflicht ist eine generelle und subsidiäre
Dienstpflicht derjenigen Wehrpflichtigen, welche weder dem Heere noch der
Marine angehören. Wenn der Landsturm nicht aufgeboten ist, dürfen die
Landsturmpflichtigen keiner militärischen Kontrolle oder Uebung unterwor-
fen werden ; sobald dagegen das Aufgebot ergangen ist, finden auf die von dem-
selben betroffenen Landsturmpflichtigen die für die Landwehr geltenden
Vorschriften Anwendung ?).
8. Die Dienstpflicht der Einjährig-Freiwilligen
undder Offizieredes Beurlaubtenstandes ist eine Modi-
fikation der gesetzlichen Wehrpflicht; ihre Besonderheit besteht teils
in Erschwerungen, indem der Einjährig-Freiwillige für seine Bekleidung, Aus-
rüstung und Verpflegung auf eigene Kosten Sorge tragen muss, teils in Er-
leichterungen, unter denen die wichtigsten die Wahl des Truppenteils und die
Verkürzung der aktiven Dienstzeit im Frieden auf Ein Jahr sind. Diese
besondere Art der Dienstleistung beruht auf dem freien Willen des
Wehrpflichtigen; Voraussetzung derselben sind ausser den allgemeinen Be-
dingungen zum Eintritt in das Heer ‚die nötige moralische Qualifikation, der
Nachweis wissenschaftlicher Bildung und Uebernahme der Verpflichtung zur
Selbstverpflegung‘“.
Auch die Dienstpflicht der Reserve- und Landwehroffiziere ist eine mo-
difizierte Erfüllung dergesetzlichen Wehrpflicht; diese Modifikation be-
ruht auf einem Konsens zwischen dem Wehrpflichtigen und dem Kontingents-
herrn; niemand wird ohne seinen Willen zum Reserveoffizier ernannt und
niemand kann auf andere Art Reserveoffizier werden als durch Ernennung
seitens des Kontingentsherın. Voraussetzung ist ausser der Erlangung der
Qualifikation die Wahl durch das Offizierkorps des Landwehrbataillons,
welchem der Aspirant angehört.
II. Die freiwillig übernommene Militärdienst-
1) Ges. v. 11. Febr. 1888 $ 8, 9, 13, 18, 22.
2) Ges. v. 11. Febr. 1888 $ 31, 26.