40? Zehnter Abschnitt: Das Finanzrecht.
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sind Bayern an den eigenen Einnahmen des Reichsheeres und des Militär-
pensionsfonds; Bayern und Württemberg an den Ueberschüssen der Post- und
Telegraphenverwaltung !); Bayern, Württemberg, Baden und Elsass-Lo-
thringen an den Erträgen der Brausteuer und der an Stelle dieser Steuer zu
entrichtenden Aversa. Aus dem Bestehen dieser verschiedenen Gemeinschaf-
ten ergibt sich als notwendige Folge, dass auch die etwaigen Ueberschüsse
der Vorjahre nicht gleichmässig allen Bundesstaaten zu gute kommen, son-
dern je nach der Einnahmequelle, aus welcher sie herstammen, anzurechnen
sind. Aus demselben Grunde sind nicht alle Anleihen für Rechnung sämt-
licher Staaten geschlossen worden, sondern Bayern ist an den zur Bestreitung
der Militärbedürfnisse, und Bayern und Württemberg sind an den für die Be-
dürfnisse der Post- und Telegraphenverwaltung aufgenommenen Anleihen un-
beteiligt.
III. Die Zölle und Verbrauchssteuern?).
Durch Art. 40 der RV. ist angeordnet worden, dass ‚die Bestimmungen
in dem Zollvereinigungsvertrage v. 8. Juli 1867 in Kraft bleiben, soweit sie
nicht durch die Vorschriften dieser Verfassung abgeändert sind und solange
sie nicht auf dem im Art. 7 bezw. 78 bezeichneten Wege abgeändert werden“.
Hierdurch ist die Kontinuität zwischen dem ehemaligen deutschen Zollverein
und dem Zollwesen des Reichs aufrecht erhalten; die prinzipiellen Grund-
lagen des letzteren sind aus der Organisation des Zollvereins entnommen; die
in den Zollvereinsverträgen enthaltenen Bestimmungen haben materiell zum
großen Teil noch jetzt Geltung. Die Bezugnahme auf die Bestimmungen des
Vertrages vom 8. Juli 1867 darf aber nicht zu der irrtümlichen Ansicht ver-
leiten, als bestünde neben dem staatsrechtlichen Reichsverbande unter den
deutschen Staaten noch ein besonderer vertragsmässiger Zollverband. Durch
die Gründung des Deutschen Reiches fand auch der im Jahre 1867 zwischen
dem Nordd. Bunde und den süddeutschen Staaten geschlossene Zollverein
sein Ende; das vertragsmässige Verhältnis wandelte sich in ein staatliches
um; wenngleich der Inhalt der Zollvereinssatzungen zum grossen Teil in Gel-
tung geblieben ist, so hat sich doch der Rechtsgrund dieser Geltung ge-
ändert; er beruht nicht mehr in dem gegenseitigen Versprechen gleichberech -
tigter Kontrahenten, sondern auf verfassungsmässiger Rechtssatzung °).
1) Auch dureh den 1902 abgeschlossenen Postsozietätsvertrag zwischen dem Reich
und Württemberg ist hierin finanzrechtlich keine Aenderung eingetreten. Der Anteil
Württembergs an der Gesamteinnahme wird nach den Bestimniungen dieses Vertrages
berechnet und bildet eine Einnahme der württembergischen Landeskasse, aus welcher
auch die Kosten der württembergischen Post- und Telegraphenverwaltung zu bestreiten
sind, so dass weder diese Einnahme noch diese Ausgaben im Reichsetat erscheinen,
wohl aber das Aversum Württembergs im Verhältnis zu den Ueberschüssen der Reichs-
postverwaltung.
2)v.Aufsess, Dic Zölle und Steuern des Deutschen Reichs (4. Bearb.) in Hirths
Annalen 1893 8. 161 ff. R. Delbrück. Der Art. 40 der RV. Berl. 1881. v. Mayr
im Wörterb. d. D. Verwaltungsr. IL 8. 937 — 982. Hänel, Staatsr. I S. 339 ff. Ad.
Wagner, Finanzwissenschaft 4. T. 1901 8. 635 ff. Senckpiehl, Das Speditions-
veschäft. IWannov. 1907 8. 229 ff. Eine Geschichte des deutschen Zollrechts gibt Albr.
Hoffmann, Deutsches Zollrecht I Bd. Leipz. 1902.
3) Aus der Konfirmierung des Zollvereinsvertrages im Art. 40 der RV. folgt aber
nicht, dass alle Sätze desselben die formelle Kraft von Verfassungs sätzen haben.