408 Zehnter Abschnitt: Das Finanzrecht. 8 45
händler nur in vollständig geschlossenen Packungen abgegeben werden, auf
welchen der Inhalt nach Art und. Menge, sowie bei Zigarettentabak und Zi-
garetten auch der Kleinverkaufspreis oder die Preisgrenzen in Druckschrift
anzugeben sind. Die Steuer ist vom Hersteller des Zigarettentabaks, der Zi-
garetten, Zigarettenhülsen u. -blättchen mittelst Anbringung von Steuerzei-
chen an den Packungen zu entrichten, bevor die verpackten Erzeugnisse aus
der Erzeugungsstätte entfernt werden.
e) Die Branntweinsteuer istneu geordnet worden durch das
RG. vom 24. Juni 1887 (RGBl. S. 253), welches mit Zustimmung der drei
süddeutschen Staaten im ganzen Gebiet des Zollvereins Geltung erlangt hat.
Dieses durch spätere Gesetze mehrfach abgeänderte Gesetz ist ersetzt worden
durch das Reichsges. vom 15. Juli 1909 (RGBl. S. 661)!). Nach diesem
Gesetz besteht zunächst eine Verbrauchsabgabe von 1,25 Mk. für das Liter
reinen Alkohols, die aber auf 1,05 Mk. herabgesetzt war für die innerhalb
des sogen. Kontingents hergestellte Alkoholmenge. Man pflegte diese Steuer-
ermässigung als ‚„Liebesgabe‘‘ zu bezeichnen. Unter dem „Kontingent“
versteht man eine gewisse Jahresmenge des im gesamten Zollgebiet hergestell-
ten Alkohols, welche auf die landwirtschaftlichen und Obstbrennereien von
den Landesbehörden für zehnjährige Perioden verteilt wurde. Durch das
Gesetzvom 14. Juni 1912(RGBl. S. 378) wurde der niedrigere Abgaben-
satz von 1,05 Mk. für das Liter Alkohol aufgehoben und ausser in den 3 süd-
deutschen Staaten das Kontingent der Branntweinbrennereien beseitigt. (Ges.
$ 1 Abs. 1). Dagegen wurden Ermässigungen der Verbrauchsabgabe je nach
der Grösse der Jahreserzeugung für den innerhalb des für das Betriebsjahr
1911/12 zugewiesenen Kontingents gewährt. ($ 5). Für Obstbrennereien und
kleine landwirtschaftliche Brennereien ist die Steuer auf 0,84 bezw. 1,14 Mk.
festgesetzt ($$ 2 und 3) ?). Ausser der Verbrauchsabgabe wird eine Betrieb s-
auflage erhoben, welche nach der in einem Betriebe erzeugten Alkoholmenge
von 4 Mk. bis zu 14 Mk. vom Hektoliter steigt; in gewissen Fällen ($ 43, 46—48
des Gesetzes) erheblich erhöht, in einigen anderen ($45) ermässigt wird. Aus
der Betriebsauflage und dem daraus angesammelten Geldbestande sind
Vergütungen für denaturierten (vergällten) und für ausgeführten Brannt-
wein nach näherer Bestimmung des Bundesrats zu zahlen ($ 54 ff.) und es
kann für diesen Zweck ein Geldbestand bis zum Betrage von 40 Mill. Mk.
angesammelt werden ($ 59)?). Aus dem Ertrage der Verbrauchsabgabe sind
der Einnahme an Betriebsauflage jährlich 16 Millionen Mark zuzuführen und
1) Ausführungsbestimmmungen des Bundesrats v. 9. Sept. 1809, Zentralbl. S. 945
bis 1288. Siehe auch daselbst 8. 929 ff. u. Veroıdn. v. 19. Juli 1912. Zentralbl. S. 569.
2) Das Ges. v. 14. Juni 1912 ändert auch zahlreiche andere Bestimmungen des
Ges. v. 15. Juli 1909 ab. Mit Luxemburg ist über den Verkehr mit Branntwein
zwischen den beiderseitigen Gebieten ein Abkommen vom 31. Okt. 1911 (RGBl. 1912
S. 161) abgeschlossen worden.
3) Die Betriebsauflage kommt daher der Finanzwirtschaft des Reichs nicht zugut
und die Einnahmen aus derselben werden besonders verwaltet ($ 52). Bei der grossen
Verschiedenheit der Betriebsauflage für die kleineren landwirtschaftlichen und die
grossen gewerblichen Brennereien kann die aus dieser Abgabe zu gewährende Vergü-
tung für die ersteren eine Export prämie sein, welche aus den von den letzteren ge-
zahlten Beträgen entrichtet wird.