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Zehnter Absehnitt: Das Finanzrecht. $ 45
Einzelstaaten zu; im Zollvereinsvertrage v. 8. Juli 1867 Art. 3 $ 6, Art. 16
7. 4, Art. 19 sind aber Normativbestimmungen verabredet, damit diese Ein-
richtungen in allen Staaten ‚auf gleichen Fuss gebracht werden‘. Durch
Art. 40 der RV. sind diese Bestimmungen in Geltung erhalten worden.
Das Reich hat für die laufende Zoll- und Steuerverwaltung keine oberste
Direktivbehörde, sondern es hat die aus der Zeit des Zollvereins herstanı-
mende Einrichtung beibehalten, die Verwaltung in den Bundesstaaten durch
Kommissare zu kontrollieren 1). Dieselben werden den Zoll- und Steuer-
ämtern oder den Direktivbehörden beigeordnet; die ersteren heissen ‚„Kon-
trolleure“ und sind den letzteren, ‚den Reichsbevollmächtigten für Zölle und
Steuern“ dienstlich untergeordnet. Diese Reichskommissare haben nicht das
Recht, Verfügungen zu erlassen oder an der Erledigung der laufenden Ver-
waltungsgeschäfte teilzunehmen, sondern ihre Aufgabe besteht darin, von der
Art und Weise der amtlichen Geschäftsführung der Zoll- und Steuerbehörden
vollständige Kenntnis zu nehmen und Fehler und Mängel, welche dabei zu-
tage treten, zu monieren. Zu diesem Zwecke haben sie das Recht, nach Be-
lieben Einsicht in alle Akten, Bücher, Rechnungen und Register der Direk-
tivbehörde und aller zum Bezirk derselben gehörenden Zoll- und Steuerer-
hebungsbehörden zu nehmen. Sie haben ferner das Recht, allen Sitzungen
der Direktivbehörde beizuwohnen. Alle Verfügungen und Anweisungen, welche
die Direktivbehörde oder deren Vorstand in Beziehung auf die Verwaltung der
gemeinschaftlichen Abgaben an die ihr untergeordneten Behörden ergehen
lässt, müssen vor der Ausfertigung dem Reichsbevollmächtigten, sofern er am
Ort anwesend ist, zur Einsicht im Konzepte vorgelegt werden und dürfen nicht
eher ausgefertigt werden, als nachdem er sein Visum beigesetzt hat. Sie sind
ferner befugt, den Grenz- und Revisionsdienst auf der Zollinie, sowie das
Verfahren bei der Zoll- und Steuer-Erhebung in dem ihnen überwiesenen Ge-
biete zu visitieren. Endlich haben sie die Rechnungen über die gemeinschaft-
lichen Abgaben zu prüfen. Wenn der Bevollmächtigte zur Geltendmachung
seiner abweichenden Ansicht in irgend einer Beziehung sich veranlasst sieht,
so hat dies zunächst nur die Wirkung, dass die betreffende Angelegenheit zur
Kenntnis und Entscheidung der vorgesetzten Behörde gebracht wird. Erst
wenn die Entscheidung ergangen ist und dieselbe dem Bevollmächtigten den
Gesetzen oder dem Interesse des Reichs nicht entsprechend erscheint oder
wenn seitens der obersten Verwaltungsbehörde für die von dem Bevollmäch-
tigten bemerkten Uebelstände nicht rechtzeitig Abhilfe getroffen wird, oder
wenn mehrere beteiligte oberste Behörden sich untereinander nicht verstän-
digen können, hat der Bevollmächtigte die Angelegenheit bei dem Bundes-
rate zur Anzeige zu bringen. Die erwähnten Beamten sind unmittel-
bare R:ichsbeamte, welche der Kaiser nach Vernehmung des Aus-
schusses des Bundesrates für Zoll- und Steuerwesen ernennt und den Direk-
tivbehörden der einzelnen Staaten beiordnet. Die Gehälter und alle übrigen
1) Ihre Befugnisse erstrecken sich auch auf die neu eingeführten Verbrauchsabga-
ben: die Steuergesetze sprechen dies ausdrücklich aus. Zigarettenges. $ 31 Abs. 2,
Schaumweinges. $ 28 Abs. 2: Leuchtmittelges. $ 37 Aba. 2. Zündwarenges. $ 39 Abs. 2.