Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

Anhang: I. Verfassung des Deutschen Reichs. 451 
  
no .- . 
Jedes Bundesglied ist befugt, Vorschläge zu machen und in Vortrag zu bringen, und 
das Präsidium ist verpflichtet, dieselben der Beratung zu übergeben. 
Die Beschlussfassung erfolgt, vorbeh ıltlich der Bestimmungen in den Artikeln 5., 37. 
und 78., mit einfacher Mehrheit. Nicht vertretene oder nicht instruierte Stimmen werden nicht 
ezählt. Bei Stimmengleichheit gibt die Präsidialstimme den Ausschlag. 
Bei der Beschlussfassung über eine Angelegenheit, welche nach den Bestimmungen 
dieser Verfassung nicht dem ganzen Reiche gemeinschaftlich ist, werden die Stimmen nur 
derjenigen Bundesstaaten gezählt, welchen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist. 
Artikel 8. 
Der Bundesrat bildet aus seiner Mitte dauernde Ausschüs:e 
1) für das Landheer und die Festungen; 
2) für das Seewesen; 
3) für Zoll- und Steuerwesen; 
4) für Handel und Verkehr; 
5) für Eisenbahnen, Post und Telegraphen; 
6) für Justizwesen; 
7) für Rechnungswesen. 
In jedem dieser Ausschüsse werden ausser dem Präsidium mindestens vier Bundes- 
staaten vertreten sein, und führt innerhalb derselben jeder Staat nur Eine Stimme. In dem 
Ausschuss für das Landheer und die Festungen hat Bayern einen ständigen Sitz, die übrigen 
Mitglieder desselben, sowie die Mitglieder des Ausschusses für das Seewesen werden vom 
Kaiser ernannt; die Mitglieder der anderen Ausschüsse werden von dem Bundesrate gewählt. 
Die Zusammensetzung dieser Ausschüsse ist für jede Session des Bundesrates resp. mit jedem 
Jahre zu erneuern, wobei die ausscheidenden Mitglieder wieder wählbar sind. 
Ausserdem wird im Bundesrate aus den Bevollmächtigten der Königreiche Bayern, 
Sachsen und Württemberg und zwei, vom Bundesrate alljährlich zu wählenden Bevollmäch- 
tigten anderer Bundesstaaten ein Ausschuss für die auswärtigen Angelegenheiten gebildet, 
in welchem Bayern den Vorsitz führt. 
Den Ausschüssen werden die zu ihren Arbeiten nötigen Beamten zur Verfügung gestellt. 
Artikel 9. 
Jedes Mitglied des Bundesrates hat das Recht, im Reichstage zu erscheinen und muss 
daselbst auf Verlangen jederzeit gehört werden, um die Ansichten seiner Regierung zu ver- 
treten, auch dann, wenn dieselben von der Maorität des Bundesrates nicht adoptiert worden 
eind. Niemand kann gleichzeitig Mitglied des Bundesrates und des Reichstages sein. 
Artikel 10. 
Dem Kaiser liegt es ob, den Mitgliedern des Bundesrates den üblichen diplomatischen 
Schutz zu gewähren. 
IV. Präsidium. 
Artikellll. 
Das Präsidium des Bundes steht dem Könige von Preussen zu, welcher den Namen 
Deutscher Kaiser führt. Der Kaiser hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten, 
im Namen des Reichs Krieg zu erklären und Frieden zu schliessen, Bündnisse und andere 
Verträge mit fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen. 
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