Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

Anhang: II. Das besondere Recht Bayerns. 640 
(Die gleiche Bestimmung findet sich in dem Schlussprotokoll zum Bündnisver- 
trage mit Baden-Ifessen Ziff. 8 u. zum Bündnisvertrage mit Württemberg Ziff. 1 lit. ge.) 
2. Das Schlussprotokoll vom gleichen Tage (RGBl. 1871 S. 23). 
Bei der Unterzeichnung des Vertrages über den Abschluss eines Verfassungsbündnisses 
„wischen Seiner Majestät dem Könige von Preussen Namens des Norddeutschen Bundes 
und Seiner Majestät dem Könige von Bayern sind die unterzeichneten Bevollmächtigten 
noch über nachstehende vertragsmässige Zusagen und Erklärungen übereingekommen. 
1. 
‘s wurde auf Anregung des Königlich Bayerischen Bevollmächtigten von Seite des 
Königlich Preussischen Bevollmächtigten anerkannt, dass, nachdem sich das Gesetzgebungs- 
recht des Bundes bezüglich der Heimats- und Niederlassungsverhältnisse auf das Königreich 
Bayern nicht erstreckt, die Bundes-Legislative auch nicht zuständig sei, das Verehelichungs- 
wesen mit verbindlicher Kraft für Bayern zu regeln, und dass also das für den Norddeutschen 
Bund erlassene Gesetz vom 4. Mai 1868, die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen 
der Eheschliessungen betreffend, jedenfalls nicht zu denjenigen Gesetzen gehört, deren 
Wirksamkeit auf Bayern ausgedehnt werden könnte. 
II. 
Von Seite des Königlich Preussischen Bevollmächtigten wurde anerkannt, dass unter 
der Gesetzgebungsbefugnis des Bundes über Staatsbürgerrecht nur das Recht verstanden 
werden solle, die Bundes- und Staatsangehörigkeit zu regeln und den Grundsatz der politi- 
schen Gleichberechtigung aller Konfessionen durchzuführen, dass sich im übrigen diese 
Legislative nicht auf die Frage erstrecken solle, unter welehen Voraussetzungen Jemand 
zur Ausübung politischer Rechte in einem einzelnen Staate befugt sei. 
IM. 
Die unterzeichneten Bevollmächtigten kamen dahin überein, dass in Anbetracht der 
unter Ziffer 1. statvierten Ausnahme von der Bundes-Legislative der Gothaer Vertrag vom 
15. Juli 1851 wegen gegenseitiger Tlebernahıne der Ausgewiesenen und Heimatlosen, dann 
die sogenannte Eisenacher Konvention vom 11. Juli 1853 wegen Verpflegung erkrankter 
und Beerdigung verstorbener Untertanen für das Verhältnis Bayerns zu dem übrigen Bun- 
desgebiete fortdauernde Geltung haben sollten. 
WV., 
Als vertragsmässige Bestimmung wurde in Anbetracht der in Bayern bestehenden be- 
sonderen Verhältnisse bezüglich des Immobiliar-Versicherungswesens und des engen Zu- 
sammenhanges derselben mit dem Hypothekar-Kreditwesen festgestellt, dass, wenn sich 
die Gesetzgebung des Bundes mit dem Immobiliar-Versicherungswesen befassen sollte, die 
vom Bunde zu erlassenden gesetzlichen Bestimmungen in Bayern nur mit Zustimmung der 
Bayerischen Regierung Geltung erlangen können. 
V, 
Der Königlich Preussische Bevollmächtigte gab die Zusicherung, dass Bavern bei der 
ferneren Ausarbeitung des Entwurfes eines Allgemeinen Deutschen Civilprozess-Gesetz- 
buches entsprechend beteiligt werde. 
VI. 
Als unbestritten wurde von dem Königlich Preussischen Bevollmächtigten zugegeben, 
dass selbst bezüglich der der Bundes-Legislative zugewiesenen Gegenstände die in den ein- 
zelnen Staaten geltenden Gesetze und Verordnungen in so lange in Kraft bleiben und auf
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.