89 Die Reichsangehörigen. 53
Einzelstaaten ist aber unbenommen, ein solches Verlangen zu stellen.
Durch Beschlüsse des Bundesrats ist die Beibringung der Entlassungsurkunde
erfordert für die Angehörigen der Türkei, Persien und Marokko!). Sowohl
die Aufnahme als die Naturalisation kann stillschweigend, d.h. ohne Erteilung
einer Urkunde verliehen werden, wenn jemand, der dem Staate bisher nicht
angehört hat, in dem. unmittelbaren oder mitte'baren Staatsdienst oder in
dem Kirchen,- Schul- oder Kommunaldienst angestellt wird und wenn er
für diese Anstellung eine von der Regierung oder von einer Zentral- oder
höheren Verwaltungsbehörde eines Bundesstaates vollzogene oder bestätigte
Bestallung erhält. Eine solche Urkunde gilt zugleich als Aufnahme- oder
Naturalisations-Urkunde, wenn nicht das Gegenteil in ihr selbst durch Vor-
behalt der bisherigen Staatsangehörigkeit ausgedrückt wird ($ 9 Abs. 1).
Wenn ein Ausländer im Reichsdienst angestellt wird, so wird deiselbe still-
schweigend naturalisiert von demjenigen Bundesstaat, in welchem er seinen
dienstlichen Wohnsitz hat ($ 9 Abs. 2); hat er seinen Wohnsitz im Auslande,
so ist jeder Bundesstaat verpflichtet, ihm auf sein Verlangen die Naturali-
sations-Urkunde zu erteilen, wofern er ein Diensteinkommen aus der Reichs-
kasse bezieht ?).
.2. Verloren wird die Staatsangehörigkeit:
a) Durch Legitimation unehelicher Kinder, wenn der Vater einem
anderen Staate angehört als die Mutter ($ 13 Nr. 4).
b) Durch Verheiratung einer Deutschen mit dem Angehörigen
eines andern Bundesstaates oder mit einem Ausländer ($ 13 Nr. 5).
c) Durch Entlassung. Dieselbe ist der Verleihung analog; sie ist
ein zweiseitiges, die Willensübereinstimmung der beiden Parteien erforderndes
Rechtsgeschäft, welches zu seiner Perfektion der Schriftform der Ausfertigung
und Zustellung einer Urkunde seitens der höheren Verwaltungsbehörde des
Heimatstaates bedarf ($ 13 Nr. 1, $ 14, $ 18 Abs. 1). *). Sie wird unwirksam,
wenn der Entlassene nicht binnen 6 Monaten vom Tage der Aushändigung
der Urkunde an entweder seinen Wohnsitz ausserhalb des Bundesgebietes
verlegt oder die Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaate erwirbt
($ 18 Abs. 2). Die Entlassung erstreckt sich wie die Verleihung auf die der
familienrechtlichen Gewalt des Entlassenen unterworfenen Personen, soweit
nicht eine Ausnahme festgesetzt ist ($ 19) *). Die Entlassung zum Zweck
1) Siehe Cahn 8. 67 ff. Früher war auch für die Angehörigen Oesterreichs und
Ungarns die Entlassung aus ihrem Staatsverbande erforderlich; dies ist seit 1903 aufge-
hoben worden. Daselbst Note.
2) RG. v. 20. Dezemb. 1875 (RGBil. S. 342). Wenn der im Reichsdienst angestellte
Ausländer seinen Wohnsitz in einem Schutzgebiete hat, so kann er die Naturalisation
auch vom Reichskanzler sich erteilen lassen nach $ 6 des Reichsges. vom 15. März 1838
(RGBl. 8. 73).
3) Derjenige, welcher die Entlassung beantragt, muss geschäftsfähig sein oder die
Genehmigung seines gesetzlichen Vertreters haben. Der Entwurf von 1912 verschärft
die Bedingungen für die Entlassung von Ehefrauen und von unter väterlicher Gewalt
oder Vormundschaft stehenden Personen.
4) Die Entlassung erstreckt sich jedoch nicht auf Töchter, die verheiratet sind
oder verheiratet gewesen sind; ferner nicht auf Kinder, die unter der elterlichen Ge-
walt der Mutter stehen, falls die Mutter zu dem Entlassungsantrage der Genehmii-
gung des Beistandes bedarf. Einf.Ges. zum BGB. Art. 41 Ziff. III.