224 8 26. Der Inhalt der kaiserlichen Rechte.
Grundsätzen, welche in allen deutschen Fürstenhäusern zur Anwendung
kommen!).
Ueber den Regierungsantritt das Kaisers enthält die Reichsver-
fassung keine Vorschrift; derselbe ist demnach an keinerlei Formalität
rechtlich gebunden.
8 26. Der Inhalt der kaiserlichen Rechte.
Die mit dem Präsidium des Bundes verknüpften Rechte sind teils
persönliche oder Ehrenrechte, teils Regierungsrechte.
I. Persönliche Rechte.
Die Reichsverfassung ist mit der Ausstattung des Bundesober-
hauptes mit persönlichen und Ehrenrechten sehr karg. Sie war aus
zwei Gründen dazu veranlaßt; erstens weil der an die Spitze des (Nordd.
Bundes) Reiches berufene Bundesfürst als Monarch einer europäischen
Großmacht bereits im Besitze aller Ehrenrechte sich befand, welche
gekrönten Häuptern zukommen; und zweitens weil man die übrigen
Bundesfürsten ihm gegenüber nicht zurücksetzen und die denselben
gebührende persönliche Ehrenstellung von Souveränen nicht verletzen
wollte. Die norddeutsche Bundesverfassung kannte überhaupt gar
kein Ehrenrecht des Präsidiums; die Reichsverfassung kennt nur ein
einziges, den Titel: deutscher Kaiser.
1. Dieser Titel hat einen anderen Charakter, als die sonst üblichen,
aus früherer Zeit herstammenden Titel der Landesherren. Die letzteren
beziehen sich auf den Besitz eines Gebietes, sind Herrschaftstitel;
sie sind ein Nachklang der patrimonialen oder feudalen, d. h. der
privatrechtlichen Auffassung des Staates. Der Landesherr wird in der-
selben Art bezeichnet, nur mit höherem Titel, wie der Privatbesitzer
einer Standesherrschaft oder eines Rittergutes. Der Titel »deütscher
Kaiser« ist ein obrigkeitlicher Titel, er bezieht sich lediglich auf die
staatsrechtliche Stellung seines Trägers; er ist seinem Wesen nach —
im Gegensatz zu den ein Besitzrecht andeutenden Titulaturen — ein
Amtstitel?).
1) Vgl. darüber Schulze, Preuß. Staatsr. I, S. 178££.; v. Rönne, Preuß.
Staatsr. (5. Aufl. neu bearbeitet von Zorn) 1899, I, S. 218ff. Preuß. Verfassungsur-
kunde Art. 53. „Die Krone ist den Königl. Hausgesetzen gemäß erblich in dem Manns-
stamme des Königl. Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und nach der agnati-
schen Linealfolge.“ Die Königl. Hausgesetze sind herausgegeben und mit einer wert-
vollen Einleitung versehen von H.Schulze, Die Hausgesetze der regierenden deut-
schen Fürstenhäuser Bd. 3 (Jena 1883), S. 535 ff.
2) Es soll damit natürlich nicht gesagt werden, daß der Kaiser ein Reichsbeam-
ter sei (siehe oben S. 216), sondern nur die Natur des Titels charakterisiert werden.
Anderer Ansicht SchulzeII, S. 41; anscheinend auch Bornhaka. a. O. S. 449.
Die völlig willkürlichen und unbegründeten Behauptungen des letzteren werden jetzt
auf das Klarste widerlegt durch den Bericht von Bismarck, Gedanken und Erinne-