Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

8 34. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht. 327 
zu versehen!); sie dürfen keine Unterschrift tragen?). Der Wähler 
erhält im Wahllokale einen abgestempelten Umschlag, begibt sich 
sodann in einen Nebenraum oder an einen Nebentisch, wo er seinen 
Stimmzettel unbeobachtet in den Umschlag steckt, welcher mit 
amtlichem Stempel versehen ist und sonst kein Kennzeichen haben 
darf. Der Wähler übergibt den Umschlag mit dem Stimmzettel dem 
Wahlvorsteher oder dessen Vertreter, der ihn sofort uneröffnet in die 
Wahlurne legt. Stimmzettel, welche die Wähler nicht in dem ab- 
gestempelten Umschlag oder welche sie in einem mit einem Kenn- 
zeichen versehenen Umschlag abgeben wollen, hat der Wahlvorsteher 
zurückzuweisen, ebenso die Stimmzettel solcher Wähler, welche sich 
in den Nebenraum oder an den Nebentisch nicht begeben haben °). 
c) Um 7 Uhr nachmittags wird die Wahl geschlossen. Es geschieht 
dies durch eine Erklärung des Wahlvorstehers. Nachdem dieselbe 
erfolgt ist, dürfen keine Stimmzettel mehr angenommen werden. Der 
Wahlvorstand stellt hierauf das Resultat der Stimmabgabe fest. Zu- 
nächst erfolgt eine Zählung der uneröffneten Umschläge und der Wähler, 
welche zufolge der in der Wählerliste gemachten Bemerkungen ihr 
Stimmrecht ausgeübt haben; falls sich trotz wiederholter Zählung eine 
Verschiedenheit ergibt, so ist dies nebst dem etwa zur Aufklärung 
dienlichen im Protokolle anzugeben ®. Ein Beisitzer öffnet jeden 
Umschlag, nimmt den Stimmzettel heraus und übergibt diesen dem 
Wahlvorsteher, der ihn laut vorliest und nebst dem Umschlag einem 
andern Beisitzer zur Aufbewahrung bis zum Ende der Wahlhandlung 
weiterreicht. Der Protokollführer nimmt den Namen jedes Kandidaten 
in das Protokoll auf und vermerkt neben demselben jede dem Kandi- 
daten zufallende Stimme; in gleicher Weise führt ein Beisitzer eine 
Gegenliste 5). 
d) Ungültig sind Stimmzettel, 
welche nicht in einem amtlich abgestempelten Umschlag oder 
1) Gedruckte Stimmzettel brauchen nicht den Namen des Druckers zu tragen. 
Reichspreßgesetz$6, Abs. 2. Das Reichsgesetz vom 12. März 1884 
(Reichsgesetzbl. S. 17) erklärt, daß solche Stimmzettel nicht als Drucksachen im Sinne 
der Reichs- und Landesgesetze gelten. Veranlassung zu diesem Gesetz gab die Tat- 
sache, daß gedruckte Stimmzettel, welche auf den Namen eines sozialdemokratischen 
Kandidaten lauteten, auf Grund des Sozialistengesetzes konfisziert worden sind, und 
daß das Urteil des Reichsgerichts II. Senat vom 15. März 1882 das Preßgesetz, und 
die $ 24, 25 des Sozialistengesetzes auf solche Stimmzettel für anwendbar erklärte. 
Vgl. Stenogr. Berichte des Reichstages 1882,83, S. 895 fg. und Drucksachen Nr. 66. 
2) Wahlgesetz 8 10, 11. Ueber kasuistische Streitfragen vgl. v. Mohl a.a. O. 
S. 78fg. und Stenogr. Berichte 1874/75, S. 1178ff. Weiteres umfangreiches Material 
beiSeydelS. 377fg. Stimmzettel, auf welchen der gedruckte Name des zu Wäh- 
lenden durchstrichen und mit einem geschriebenen Namen ersetzt worden ist, sind 
gültig. Reger Bd. 10, S. 306. 
3) Wahlreglement v. 28. April 1903, $ 11, 15. (Sogen. Klosettgesetz.) 
4) Wahlreglement (1903), $ 17. 
5) Wahlreglement v. 1903, & 18.
	        
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