8 44. Der Begriff der Reichsbeamten. 439
ein Recht auf Belohnung haben müsse, führte dahin, eine Dienst-
miete anzunehmen '!. Bald fand man auch dies unpassend und un-
würdig, weil der Staatsdienst nicht zu den operae illiberales zu zählen
sei, und ging zum Mandat über?. Da auch dies als durchaus un-
zutreffend sich erwies, nahm man seine Zuflucht zu der nichtssagen-
den Formel des Innominatkontrakts°) und man kam schließ-
lich dazu, einen eigentümlichen, besonders gearteten »Staatsdienst-
vertrag« aufzustellen %).
Einen Wendepunkt bildet die geistreiche Schrift von Gönner,
»Der Staatsdienst aus dem Gesichtspunkte des Rechts und der Natio-
nalökonomie betrachtet« (1808). Er widerlegt die privatrechtliche Auf-
fassung des Staatsdienstverhältnisses in allen ihren Färbungen in ener-
gischer Weise und stützt das Dienstverhältnis auf die Staatsgewalt, auf
die Untertanenpflicht5). Diese Ansicht wurde seitdem die vorwiegende.
& 32; Böhmer, Exercit. ad Pandectas p. 767 fg. und derselbe in der Dissert. de jure
princip. circa dimiss. ministr., Halae 1716, cap. II, $ 16, wo die älteren Vertreter an-
geführt sind. Die Theorien Mylers und Böhmers sind näher dargelegt von Rehm
S. 585—592.
1) Als Vertreter dieser Ansicht weist Rehm S. 593 ff. nach Paul Kreß,
Christ. v. Wolff, Wilhelm Neumann, David Strube (Rechtl. Bedenken
T. III, Nr. 144) und zuletzt Haller, Restaur. der Staatswissenschaften II, S. 138.
Dieselbe Auffassung findet sich noch in einem Erkenntnis des Appellationsge-
richts zu Leipzig vom 3. September 1863. Wochenblatt für merkw. Rechtsfälle
von 1864, S. 81 ff.
2) Z. B. Harprecht, Consil. respons. 93, Nr. 77; Eyben, Dissert. de rega-
libus p. 180, 8 15; vgl. Rehm S. 583 fg. Derselbe findet diese Theorie, „verhüllt
wenigstens“, schon bei Mevius angedeutet. Sie revivisziert noch einmal in einer
Abhandlung von Schenk 1815 (Rehm S. 651) und sogar noch in dem Erkenntnis
des preuß. Obertribunals vom 17. März 1865. Entscheidungen Bd. 52, S. 321 ff.
3) Nähere Angaben bei Rehm S.603fg.; er zählt als Anhänger dieser Meinung
auf Westphal (Deutsches Staatsrecht 1784, Abhandlung 19), ferner den ungenann-
ten Verf. eines Votums in Schlözers Staatsanzeigen, Heft 29 von 1785. Auch die
Privilegientheorie von Malacord, Dissert. de publ. officiis ete., Göttingen 1788,
kommt nach den Mitteilungen, welche Rehm S. 609 ff. darüber gibt, im wesentlichen
darauf hinaus, wenngleich mit Hervorhebung neuer Gesichtspunkte.
4) Am eingehendsten, unter Widerlegung der anderen Ansichten Seuffert,
Vom Verhältnis des Staats und der Diener des Staats (Würzburg 1793) S. 16fg. und
v. der Becke, Von Staatsämtern und Staatsdienern (Heilbronn 1797) S. 36 ff. Aus-
führlich referiert über beide Schriften Rehm S. 614 fg., 622fg. Zu den Anhängern
dieser Lehre gehören Emmermann in Winkopps rheinischem Bund Bd. 4, S. 421
(Rehm S.658); Leist, Staatsrecht $ 100; Jordan, Lehrbuch 8 72, II (vgl. die bei
Grotefend $ 669, Note 2 mitgeteilte Stelle daraus); Klüber, Oefientliches Recht
S 492, S. 720. Auch Buddeus in Weiskes Rechtslexikon I], S. 744 hält noch an der
Annahme eines privatrechtlichen Staatsdienstvertrages fest: ebenso Feuerbach,
Lehrbuch des peinlichen Rechts S 477. Schwankend und unbestimmt Mittermaier
in Ersch und Grubers Enzyklop. Art. „Amt“.
5) Gönnera..a. O.S. 27: „Jede Arbeit für den Staat, welche der Untertan
leistet, ist Staatsdienst.“ S. 49 ff.: „Die Leistung der Staatsdienste haftet auf der
vereinigten Kraft der Untertanen.“ „Dienste stehen wie die Steuern unter den Regeln
der Finanz wissenschaft.“ S. 56ff. und bes. 83ff.: „Staatsdienste sind eine Staats-