8 49. Die Rechte der Reichsbeamten. 501
Die Höhe dieser Rente bestimmt sich nicht nach dem Maße oder der
Schwierigkeit der Arbeit und ist nicht nach dem Umfange der Ge-
schäfte wechselnd, sondern sie bestimmt sich teils nach der sozialen
Stellung, welche der Träger eines Amtes einnimmt, teils nach dem
Gesichtspunkt, ob das Amt den Lebensberuf desselben erfüllt oder ein
sogenanntes Nebenamt ist, welches noch für eine andere Erwerbs-
tätigkeit neben sich Raum läßt. Mit der bloß negativen Bemerkung
aber, daß die Besoldung keine Lohnzahlung sei, wird der juristische
Charakter derselben ebensowenig bestimmt, wie mit der Angabe, daß
sie auf einem öÖffentlich-rechtlichen Titel beruhe; vielmehr ist charak-
teristisch für sie, daß sie eine standesgemäßeAlimentierung
des Beamten ist!). Aus dieser juristischen Natur der Rente ergeben
sich folgende Rechtssätze, die bei jeder anderen Auffassung nicht als
Konsequenzen, sondern als Singularitäten erscheinen ?).
a) Die Forderung ist nicht bedingt durch wirkliche Leistung der
amtlichen Dienste. Die Besoldung ist dem Beamten auch dann zu
zahlen, wenn er durch Krankheit oder durch Mitgliedschaft im Reichs-
tage an der Wahrnehmung des Dienstes verhindert ist?) oder bei
kürzerem Urlaub). Bei pflichtwidrigem Verlassen des Amtes ohne
Urlaub oder bei Ueberschreitung des Urlaubs ist der Beamte aber für
die Zeit der unerlaubten Entfernung des Diensteinkommens verlustig >).
Die Forderung besteht ferner, wenn auch in gemindertem Betrage,
fort, wenn der Beamte einstweilig oder definitiv in den Ruhestand
versetzt wird. (Siehe unten S. 505 fg.).
b) Die Gehaltsbezüge sind dem Beamten im Voraus zu bezahlen,
wie dies dem Wesen der Alimentation entspricht. Die Bezahlung
erfolgt der Regel nach monatlich im Voraus; dem Bundesrat ist es
aber überlassen, diejenigen Beamten zu bestimmen, an welche die
Gehaltszahlung vierteljährlich stattfinden soll ®).
Standpunkt des Reichsgerichts ist schwankend, wie aus den bei Pieper a. a. O. er-
wähnten Entscheidungen hervorgeht.
1) In der früheren Literatur ist statt dessen der Gesichtspunkt herrschend, daß
die Besoldung eine Entschädigung: dafür sei, daß derjenige Staatsbürger, der ein Amt
verwaltet, dem Staate mehr Dienste leistet, als er bei gleicher Verteilung der erfor-
derlichen Dienste auf alle Staatsbürger zu leisten haben würde. So namentlich
Gönner S. 101ff.
2) In fast allen älteren Darstellungen des Staatsrechts lassen die Erörterungen
über die Besoldungen der Beamten feste rechtliche Gesichtspunkte und prinzipielle
Konstruktion vermissen. Man vgl. z. B. Zöpfl Il, 8517; Zachariä J, 8$ 139;
Grotefend S 691fg.; v. Mohl, Württemb. Staatsrecht II, 8 163, S. 114ff.; v.
Rönne, Preuß. Staatsrecht II, 1, $ 336, S. 450 ff.
3) Reichsgesetz 8 14, Abs. 2.
4) Verordn. v. 2. November 1874 (Reichsgesetzbl. S. 129). Siehe oben S. 457 fg.
5) Reichsgesetz $ 14, Abs. 3.
6) Reichsgesetz 8 5, Abs. 1. Die Bundesratsverordnung ist am 5. Juli 1873 er-
gangen (Zentralbl. 1873, S. 211). Ferner Bekanntmachung des Reichskanzlers vom
27. Dezember 1875 (Zentralbl. S. 819), vom 19. November 1877 (Zentralbl. S. 558),
vom 20. Mai 1885 (Zentralbl. S. 205), 21. Mai 1890 (Zentralbl. S. 140).