Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

8 64. Der Begriff der Verwaltung. 179 
außerhalb der Rechtsordnung liegen. Die Art und Weise, wie der 
angestrebte Erfolg zu verwirklichen ist, steht innerhalb der rechtlichen 
Schranken und tatsächlichen Machtmittel im freien Willen der Ver- 
waltung. Es kann sein, daß das Ziel nur auf einem bestimmt vorge- 
zeichneten Wege erreicht werden kann, die Freiheit der Behörde in 
der Auswahl der vorzunehmenden Handlungen also eine sehr be- 
schränkte oder ganz ausgeschlossen ist; dies ist aber nur eine zufällige, 
keine begriffliche Schranke. Die Gebundenheit liegt im Wesen der 
Entscheidung, die rechtliche Freiheit der Entschließung im Wesen des 
Verwaltungsaktes'. Auch bei einem Verwaltungsakt kann es sich um 
die Anwendung eines Rechtssatzes handeln; aber nicht wie bei der 
Entscheidung in dem logischen Sinne, daß ein Rechtssatz als Obersatz 
auf einen Tatbestand als Untersatz angewendet wird; sondern in dem 
Sinne, daß die durch den Rechtssatz gewährte Befugnis als Macht- 
mittel zur Erreichung eines bestimmten Erfolges verwendet wird. 
In diesem Sinne haben auch die Gerichte zahlreiche Verwaltungs- 
akte vorzunehmen und zwar auch auf dem eigentlichen Gebiete der 
Zivil- und Strafrechtspflege; denn Haussuchungen, Verhaftungen, Zwangs- 
vollstreckungen u. dgl. sind staatliche Handlungen zur Erreichung 
bestimmter Zwecke. Nur die in der Theorie von der Teilung der Ge- 
walten befangene Anschauungsweise sträubt sich dagegen, in diesen 
Vorgängen Verwaltungsakte zu sehen; aber sachlich ist es doch ganz 
dasselbe, ob ein Richter oder ob ein Polizei- oder Zollbeamter oder 
eine Militärperson eine Durchsuchung oder Festnahme vollzieht ?). 
Schwieriger ist die Abgrenzung der Verwaltung von der Gesetz- 
gebung in dem hier in Rede stehenden objektiven Sinne. Diese 
Schwierigkeit beruht darauf, daß unter einer Handlung nicht bloß 
diejenigen Akte zu verstehen sind, welche unmittelbar einen ge- 
wissen äußeren Erfolg faktisch herbeiführen, sondern auch diejenigen, 
1) Bernatzik S. 46 stellt die Behauptung auf, daß alle Verwaltungshand- 
lungen mindestens durch die allgemeine Rechtsnorm: „Thue, was du glaubst, daß es 
durch das öffentliche Wohl bedingt ist“, gebunden seien, und da Rechtsprechen nichts 
anderes heißt, als eine Rechtsnorm zur Anwendung bringen, so lasse sich nicht ab- 
sehen, warum die Anwendung dieser allgemeinen Norm keine Rechtsprechung sollte 
sein können! Dagegen ist einzuwenden, daß der von Bernatzik formulierte Satz nur 
ein Element der Dienstpflicht des Beamten von überwiegend ethischer Natur 
enthält, daß seine Verletzung, wie Bernatzik S. 44 selbst ausführt, nur disziplinari- 
sche Folgen nach sich ziehen kann. Eine auf diesen Satz gegründete Entschei- 
dung kann nur dahin gehen, daß ein Beamter in einem gegebenen Falle pflichtmäßig 
oder pflichtwidrig gehandelt habe, weiler geglaubt hat oder nicht geglaubt 
hat, daß seine Handlung durch das öffentliche Wohl bedingt sei. Für die Verwal- 
tung als solche im Verhältnis zu den Einzelnen ist dagegen diese Regel rechtlich 
ganz inhaltlos; denn der Satz: „Tue, was du für nützlich hältst“, enthält ebenso- 
wenig eine rechtliche Schranke wie der Satz: „Tue, was du willst.“ Vgl. auch O. 
Mayer im Archiv für öffentl. Recht I, S. 721. 
2) Auch die Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind der Art nach in 
der Regel Verwaltungsaktee SeligmannS. 71; BernatzikS. 2.
	        
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