Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

$ 73. Das Post- und Telegraphenwesen. 107 
ihnen obliegenden Pflichten die Benutzung der Anstalt ver- 
hindern oder stören'.., In diesem einen Falle ist die bloße Tatsache 
der »Pflichtvernachlässigung«, welche im übrigen lediglich die Vor- 
aussetzung disziplinarischen Einschreitens bildet ?), zum Tatbe- 
stand eines strafrechtlichen Deliktserklärt worden, wenn sie einen 
gewissen Erfolg, nämlich die Verhinderung oder Störung der Benutzung 
der Telegraphenanstalt, hervorbringt ’). 
4. Behufs Beaufsichtigung und Kontrolle der unteren Beamten ist 
für jeden Bezirk einer Oberpostdirektion ein Postinspektor und 
ein Telegrapheninspektor angestelll.e. Sie haben den Dienst 
in allen seinen Teilen persönlich zu beaufsichtigen, insbesondere auch 
die gesamten Rechnungs- und Kassengeschäfte bei den Post- resp. 
Telegraphenanstalten zu überwachen, und zu diesem Zwecke regel- 
mäßige Inspektionsreisen in ihrem Gebiete vorzunehmen. Sie sind 
dem Oberpostdirektor des Bezirks, für welchen sie angestellt sind, un- 
mittelbar untergeordnet und gelten als beständige Beauftragte des 
Oberpostdirektors*). Alle Beamten des Bezirks müssen den dienst- 
lichen Anordnungen der Inspektoren Folge leisten. Ihre Ernennung 
steht verfassungsmäßig dem Kaiser zu. 
Die Tätigkeit der Oberpostdirektionen wird durch die oberste Post- 
und Telegraphenbehörde überwacht, deren Mitglieder zur Förderung 
dieses Zweckes von Zeit zu Zeit in die Bezirke entsendet werden. Den 
dienstlichen Aufforderungen der entsendeten Kommissare muß Folge 
geleistet werden). 
5. Die Einheit in der Organisation der Verwaltung und im Be- 
triebe des Dienstes kann nur erhalten werden, wenn gleichmäßige 
Vorschriften hinsichtlich der Qualifikation der Beamten be- 
stehen. Demgemäß ist dem Kaiser und den von ihm bestellten Be- 
hörden die Fürsorge hierfür übertragen ®). Auf Grund dieser Ermäch- 
tigung sind die Vorschriften über das Prüfungswesen der Postbe- 
amten und über die durch dasselbe bedingten Stufen des Postdienstes 
von der Zentralbehörde erlassen worden. 
a) Für den höheren Dienst in der Post- und Telegraphenver- 
und württembergischen Telegraphenanstalten, sondern auch gegen die Telegraphen- 
beamten der Eisenbahnen. Abs. 1 des Art. 318 erfordert nur: „eine zu Öffentlichen 
Zwecken dienende Telegraphenanstalt“. Vgl. Dambach, Telegraphenstrafr. $ 4 
(Gerichtssaal 1871, S. 250 ff). Oppenhoff Note 2 zu $ 317. 
1) Reichsstrafgesetzbuch $ 318, Abs. 2. Auch kann auf Unfähigkeit zur Beschäf- 
tigung im Telegraphendienste erkannt werden. Strafgesetzbuch $ 319. 
2) Vgl. oben Bd. 1, S. 484 ff., besonders S. 487. 
3) Ueber die unbilligen Härten, zu welchen die Anordnung des Art. 318, Abs. 2 
führen kann, vgl. Dambach aa. O.S. 277ff. 
4) Sehr detaillierte Vorschriften über ihren Geschäftskreis enthalten die „Dienst- 
anweisung für Postinspektoren® und die „Dienstanweisung für Telegrapheninspek- 
toren“, Anlage 3 und Anlage 4 zur Allgem. Dienstanweisung Abschn.1,$ 8. 
5) Allgem. Dienstanweisung Abschn. 1, $ 6. 
6) Reichsverfassung Art. 50, Abs. 1.
	        
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