Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

114 8 74. Das Eisenbahnwesen. 
Einzelstaat hat für sein Gebiet zu befinden über die Erteilung der Er- 
laubnis zur Vornahme der allgemeinen und speziellen Vorarbeiten, 
über die Genehmigung der vorgelegten Baupläne; er erteilt die Kon- 
zession zur Herstellung der Eisenbahnbauten und er führt die Kon- 
trolle über dieselbe aus. Da dem Reiche aber nach Art. 4, Ziff. 8 der 
Reichsverfassung die Beaufsichtigung des Eisenbahn wesens im Interesse 
der Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs zusteht und bei 
der Feststellung des Bauplanes die Interessen des Militärs und der 
Post- und Telegraphenverwaltung in Betracht zu ziehen sind, auch die 
Frage, ob eine Eisenbahn als Eisenbahn untergeordneter Bedeutung 
angelegt und betrieben werden darf, nur mit Zustimmung des Reichs- 
eisenbahnamts entschieden werden kann, so müssen die Vorarbeiten 
für Herstellung, Konstruktion und Ausrüstung einer Eisenbahn be- 
ziehungsweise die Konzessionsbedingungen vor ihrer definitiven Fest- 
stellung von der obersten Landesbehörde dem Reichseisenbahnamt zur 
Prüfung und Erklärung vorgelegt werden. Das letztere hat den be- 
teiligten Reichsverwaltungen zur Geltendmachung ihrer Interessen Ge- 
legenheit zu geben und alsdann der Landesregierung mitzuteilen, ob 
von seiten des Reiches Modifikationen oder Ergänzungen gefordert 
werden !). 
Die Reichsverfassung geht von dem allgemeinen Grundsatz aus, 
daß die Herstellung von Eisenbahnen zu begünstigen ist, und in dieser 
Tendenz sind im Art. 41 drei Rechtssätze sanktioniert worden, durch 
welche gewisse Hindernisse beseitigt sind, an denen neue Eisenbahn- 
anlagen scheitern könnten. 
1. Dem Reiche selbst ist die Befugnis beigelegt, auch gegen den 
Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die Eisenbahnen durch- 
schneiden, Eisenbahnen entweder für Rechnung des Reiches anzulegen 
oder an Privatunternehmer zur Ausführung zu konzessionieren und 
mit dem Enteignungsrecht auszustatten. Diese Befugnis kann nur aus- 
geübt werden kraft eines Reichsgesetzes, also unter Zustimmung des 
Bundesrates und des Reichstages, und es soll von ihr nur dann Ge- 
brauch gemacht werden, wenn die Eisenbahnen im Interesse der Ver- 
teidigung Deutschlands oder im Interesse des gemeinsamen Verkehrs 
für notwendig erachtet werden?). Da der Entschluß des Reiches, sich 
der im Art. 41, Abs. 1 eingeräumten Machtvollkommenheit zu be- 
dienen, an die Form des Gesetzes geknüpft ist, so kann die Prüfung 
und Feststellung, ob diese Voraussetzung tatsächlich vorhanden ist, 
1) Vel. Eger S. 63, 117 fg. HänelS. 647. KöhneS. 45ff. 
2) Ein Bedürfnis, daß das Reich den Bau von Eisenbahnen im Interesse des 
gemeinsamen Verkehrs fördere, hat sich nicht geltend gemacht, wohl aber im Inter- 
esse der Landesverteidigung. Es ist aber in der Form befriedigt worden, daß die 
sog. strategischen Bahnen von denjenigen Staaten, in deren Gebiet sie liegen, ge- 
baut, betrieben und verwaltet werden und das Reich die Herstellungskosten ganz 
oder zu einem großen Teil trägt. Vgl. das Reichsgesetz vom 1. Juni 1887 (Reichs- 
gesetzbl. S. 204). v. Jagemann S. 162.
	        
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