8 76. Das Münzwesen. 181
Kassen noch von Privatpersonen, denen sie in Zahlung angeboten
werden, zurückgewiesen werden und sie können von neuem in Zirku-
lation gesetzt werden).
Goldmünzen dagegen, welche das Passiergewicht nicht erreichen,
brauchen von niemandem in Zahlung angenommen zu werden; ihre
Zirkulation (Verausgabung) zum vollen Nennwerte ist indes nicht unter-
sagt. Nur den Reichs-, Staats-, Provinzial- oder Kommunalkassen,
ferner den Geld- und Kreditanstalten und.den Banken ist es verboten,
wenn sie Goldmünzen dieser Art in Zahlung empfangen haben, die-
selben wieder auszugeben ?).
Alle Kassen des Reichs und der Bundesstaaten sind verpflichtet,
abgenuizte Reichsgoldmünzen, welche das Passiergewicht nicht mehr
erreichen, zu dem vollen Werte, zu welchem sie ausgegeben worden
sind, anzunehmen; sie werden für Rechnung des Reiches zum Ein-
schmelzen eingezogen).
b) Bei den Reichsscheidemünzen ist ein Passiergewicht
gesetzlich nicht fixiert; sie können trotz der Abnutzung auch von
öffentlichen Kassen, welche sie in Zahlung genommen haben, wieder
in den Verkehr gebracht werden. Eine rechtliche Verpflichtung,
unter bestimmt gegebenen Voraussetzungen sie aus dem Verkehr zu
ziehen oder sie umzutauschen, besteht nicht; dagegen ist die allgemeine
Anordnung getroffen worden, daß Reichsscheidemünzen (Silber-, Nickel-
und Kupfermünzen), welche infolge längerer Zirkulation und Abnutzung
an Gewicht oder Erkennbarkeit erheblich eingebüßt haben, auf
Rechnung des Reiches einzuziehen sind ?®).
Il. Die Herstellung der Reichsmünzen.
1. Die Einzelstaaten haben vor Errichtung des Reiches neben der
Münzhoheit und im engsten Zusammenhange mit derselben das Münz-
monopol, d.h. die ausschließliche Befugnis zur Herstellung der Metall-
geldstücke gehabt. Das Reich hat den Einzelstaaten die Münzhoheit
entzogen, die Ausprägung der Reichsmünzen dagegen gelassen’). Das
Reich hat keine Münzprägeanstalt errichtet oder die von den Einzel-
das Normalgewicht und das Passiergewicht der Reichsgoldmünzen leicht feststellen
zu können, sollen Gewichtsstücke zur Eichung und Stempelung zugelassen werden,
welche diesen Gewichten oder einem Vielfachen derselben entsprechen. Münzges. 8 13.
1) Das Gesetz sagt: sie gelten als vollwichtig; es schafft also eine Rechts-
fiktion; der Beweis, daß die Münze das Normalgewicht nicht habe, ist unerheblich
und befreit nicht von der Verpflichtung, sie anzunehmen.
2) Gesetz vom 4. Dezember 1871, $ 9, Abs. 2. Münzges. $ 11, Abs. 2.
3) $11, Abs. 3 ebendaselbst. Die näheren Anordnungen über das von den Reichs-
und Landeskassen zu befolgende Verfahren sind in dem Beschluß des Bundesrates
vom 24. März 1876, Zentralbl. S. 260, getroffen. Vgl. Helfferich S. 392 ff.
4) Münzgesetz 8 12. Bundesratsbeschluß vom 24. März 1876 a.a. 0.
5) Vgl. oben S. 172. Helfferich S. 347 ff., 394 ff.