226 $ 78. Die Gewerbepolizei.
Versagung und gegen die Rücknahme des Scheines ist der Rekurs ge-
stattet, jedoch ohne aufschiebende Wirkung’).
3. Der Marktverkehr.
Der Besuch der Messen, Jahr- und Wochenmärkte, sowie der Kauf
und Verkauf auf denselben ist frei?). Zahl, Zeit und Dauer der Messen
und Märkte setzt die Verwaltungsbehörde fest. Hieraus folgt, daß die
Regeln der Gewerbeordnung über den Marktverkehr keine Anwendung
finden auf Veransialtungen von : Privatunternehmern;; eine Veranstal-
tung oder Genehmigung seitens der Verwaltungsbehörde ist für den
Begriff des Marktes wesentlich?). Auf Jahr märkien dürfen Verzeh-
rungsgegenstände und Fabrikate aller Art feilgehalten werden; zum
Verkauf von geistigen Getränken zum Genuß auf der Stelle bedarf es
jedoch der Genehmigung der Ortspolizeibehörde*t.,. Auf Wochen-
märkten dagegen dürfen nur die im 866 der Gewerbeordnung auf-
geführten Artikel feilgeboten werden. Die Ortspolizeibehörde ist er-
mächtigt, im Einverständnis mit der Gemeindebehörde die Marktord-
nung nach dem örtlichen Bedürfnisse (z. B. hinsichtlich des Platzes)
festzusetzen, jedoch nur innerhalb der Grenzen der Bestimmungen der
88 65-68 der Gewerbeordnung (8 69). Inbetreff der Märkte, welche bei
besonderen Gelegenheiten oder für bestimmte Gattungen von Gegen-
ständen gehalten werden, sind die bestehenden Anordnungen in Kraft
erhalten worden’).
IV.Innungen‘).
Durch die Novelle vom 26. Juli 1897 ist eine »Organisation« der
Gewerbe, insbesondere der Handwerksbetriebe geschaffen worden. Der
1) Gewerbeordnung $ 63.
2) Gewerbeordnung $ 64. Nur hinsichtlich gewisser Handwerkerwaren können
auf den Wochenmärkten ortsübliche Beschränkungen auswärtiger Verkäufer
aufrecht erhalten werden. Beschränkungen der Ausländer als Retorsionsmaßregel
beschließt der Bundesrat.
3) Landmann], S. 633 fg. 4) Gewerbeordnung 8 67.
5) Gewerbeordnung $ 70.
6) Der Titel VI der Gewerbeordnung, welcher ursprünglich (1869) die Ueber-
schrift hatte „Innungen von Gewerbetreibenden“ ist mehrfach abgeändert worden.
Von kleineren Veränderungen abgesehen erhielt er eine eingreifende Umgestaltung
durch die Novelle vom 18. Juli 1881 (Reichsgesetzbl. S. 233); auch sie wurde schon
in den nächsten Jahren mehrfach verändert. Eine neue völlige Umänderung dieser
Gesetzgebung erfolgte dann durch die Novelle vom 26. Juli 1897 (Reichsgesetzbl.
S. 663), die sog. Handwerkernovelle. Sie ist, von vorbereitenden Maßnahmen abge-
sehen, auf Grund des $ 9, Abs. 2 des Gesetzes durch die Kaiserl. Verordnung vom
14. März 1898 (Reichsgesetzbl. S. 37) seit dem 1. April 1898 in Kraft gesetzt worden.
Sie enthält eine völlige Neuregelung des Innungswesens und des Lehrlingswesens,
der Befugnis, den Meistertitel zu führen, sie gestattet die Bildung der sog. fakulta-
tiven Zwangsinnungen und ordnet die Einführung von Handwerkskammern an. Die
Novelle von 1897 hat durch das Reichsgesetz vom 30. Mai 1908 (Reichsgesetzbl. S. 356)
wieder eine ziemlich eingreifende Abänderung, namentlich durch die Einführung des
sog. kleinen Befähigungsnachweises (Befugnis zur Ausbildung von Lehrlingen) er-