232 $ 78. Die Gewerbepolizei.
Regelung des Lehrlingswesens und der Ueberwachung der Durchfüh-
rung der für das Lehrlingswesen geltenden Vorschriften; Erstattung
von Gutachten, Mitteilungen, Stellung von Anträgen, Abfassung von
Jahresberichten und in der Bildung von Prüfungsausschüssen für die
Gesellenprüfungen und von Ausschüssen zur Entscheidung über Be-
anstandungen von Beschlüssen der Prüfungsausschüsse ($ 103 e)!).
Bei der Kammer isteinGesellenausschuß zu bilden, dessen
Wahl und Zusammensetzung durch das Statut der Kammer bestimmt
wird. Seine Bildung ist obligatorisch. Die Wahl erfolgt durch die
Gesellenausschüsse der Innungen; event. auch der Gesellen, welche
von den wahlberechtigten Mitgliedern der Gewerbevereine beschäftigt
werden. Der Gesellenausschuß muß mitwirken bei Beschlüssen, welche
das Lehrlingswesen betreffen, bei der Abgabe von Gutachten und Be-
richten über Angelegenheiten, welche die Verhältnisse von Gesellen
und Lehrlingen berühren, und bei der Entscheidung über Beanstan-
dungen von Beschlüssen der Prüfungsausschüsse (8 103i und k).
Die Kosten, welche durch die Errichtung und Tätigkeit der
Handwerkskammern entstehen, sind von den Gemeinden des Hand-
werkskammerbezirks nach näherer Bestimmung der höheren Verwal-
tungsbehörde zu tragen; sie können die auf sie entfallenden Anteile
nach einem von der höheren Verwaltungsbehörde festzusetzenden
Maßstabe auf die einzelnen Handwerksbetriebe umlegen ($ 103b).
V. Verhältnisse dergewerblichen Arbeiter?)
An der Spitze des Titels VII der Gewerbeordnung steht (8 105) der
Grundsatz: »Die Festsetzung der Verhältnisse zwischen den selbstän-
digen Gewerbetreibenden und den gewerblichen Arbeitern ist, vorbe-
haltlich der durch Reichsgesetz begründeten Beschränkungen, Gegen-
1) Ueber die von den Handwerkskammern entwickelte Tätigkeit siehe den Be-
richt von Wilden in Hirths Annalen 1909, S. 518 ff.
2) Der Titel VII der Gewerbeordnung ist mehrmals verändert und erheblich er-
weitert worden, durch die Novelle vom 17. Juli 1878 (Reichsgesetzbl. S. 199), sodann
durch die Novelle vom 1. Juni 1891, das sogenannte Arbeiterschutzgesetz (Reichs-
gesetzbl. S. 261), ferner durch die Novelle vom 26. Juli 1897 (Reichsgesetzbl. S. 663 ff.),
das sogenannte Handwerkergesetz, durch die Novelle vom 30. Juni 1900 (Reichsge-
setzbl. S. 321 ff.), durch das Gesetz vom 28. Dez. 1908 (Reichsgesetzbl. S. 667 ff.) und
das Gesetz vom 27. Dez. 1911 (Reichsgesetzbl. 1912, S. 139 ff). Dazu kommen das
Kinderschutzgesetz vom 30. März 1903 (Reichsgesetzbl. S. 113), das durch die
erwähnte Novelle vom 28. Dez. 1908 sehr erheblich abgeändert worden ist, und das
Hausarbeitsgesetz vom 20. Dez. 1911 (Reichsgesetzbl. S. 976). Der Titel führt
jetzt die Ueberschrift: „Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge, Betriebs-
beamte, Werkmeister, Techniker, Fabrikarbeiter)‘ und besteht aus sechs zum Teil
umfangreichen Abschnitten. Eine gute Uebersicht über die geschichtliche Entwicklung
der Arbeiterschutzgesetzgebung, deren Anfänge auf das Preuß. Allg. Landr. Teil I,
Tit. 8 zurückgehen, gibt Landmann IJ, S. 200 ff.; eine Zusammenstellung der in
den deutschen Einzelstaaten erlassenen Ausführungsvorschriften das. S. 207 und der
Spezialliteratur S. 208.