8 79. Der Patentschutz. 261
Die Zurücknahme kann nur auf Antrag erfolgen. Ueber den An-
trag, über das von dem Patentamt zu beobachtende Verfahren und
über die Berufung gegen die Entscheidung des Patentamtes an das
Reichsgericht gelten dieselben Regeln, welche bei der Nichtigkeitser-
klärung eines Patentamtes Anwendung finden. Dieselben Regeln fin-
den auch auf die Erteilung der Zwangslizenz Anwendung!) Die Zu-
rücknahme unterscheidet sich von der Nichtigkeitserklärung des Pa-
tentes dadurch, daß sie nicht ex tunc, sondern ex nunc wirkt, d. h.
eine vor der Zurücknahme erfolgte Verletzung des Patentes zieht die
Rechtsfolgen des Patentbruchs nach sich.
d) Der Patentschutz kann beschränkt resp. aufgehoben
werden, wenn die Erfindung für das Heer oder für die Flotte oder
sonst im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll.
Dieser Fall ist nach seiner juristischen Natur eine Art von Expropri-
ation ?) und entspricht der Ablösung von Gewerbeprivilegien und
anderen Untersagungsrechten.
Der Patentinhaber muß sich die Einschränkung oder Aufhebung sei-
nes Monopols zwar wider seinen Willen gefallen lassen ; er hat aber An-
spruch aufangemessene Vergütunggegenüber dem Reiche oder dem Staate,
welcher in seinem besonderen Interesse die Beschränkung des Paten-
tes beantragt hat. Ueber die Frage, ob ein Interesse des Heeres, der
Flotte oder der öffentlichen Wohlfahrt vorhanden ist, sowie über den
Umfang, in welchem der Patentschutz zu beschränken oder aufzuheben
ist, entscheidet ausschließlich der Reichskanzler; weder ein Ver-
fahren vor dem Patentamt, noch ein Verfahren im Rechtswege ist
darüber zulässig. Dagegen ist die Höhe der Entschädigung des Patent-
inhabers in Ermangelung einer Verständigung im Rechtswege, d. h. im
Wege des Zivilprozesses festzusetzen °).
Diese Grundsätze finden nicht nur Anwendung, wenn das Patent
bereits erteilt ist, sondern auch in dem Verfahren behufs Erlangung
eines Patentes.
8 Simulierung des Patentschutzes. Da die Verleihung
eines Patentes eine eingreifende Beschränkung der Gewerbefreiheit ent-
hält, deren Verletzung schwere strafrechtliche und zivilrechtliche Fol-
gen nach sich zieht, so ist die Irreführung des Publikums über das
Vorhandensein eines Patentschutzes, während in Wahrheit ein solcher
nicht erteilt ist, unter Strafe gesiellt. Das Patentgesetz $ 40 hat dem-
gemäß mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark denjenigen bedroht,
welcher Gegenstände oder deren Verpackung mit einer Bezeichnung
—
1) Vgl. Gesetz vom 6. Juni 1911 Art. II. Klostermann, Kommentar S. 161
und bei Endemann S. 329. Uebereinstimmend das Urteil des Reichsgerichts.
Entscheidungen Bd. 17, S.54. Klöppel, Der Lizenzvertrag, Leipzig 1896. Anderer
Ansicht Kohler S. 157 und Seligsohn S. 771g.
2) Vgl. auch Landgraf S. 44, 45; Gareis S. 107; Kohler S. 116 fg.
3) Patentgesetz $ 5, Abs. 2. Vgl. Seligsohn S. 70 fg.