Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

$ 80. Die Seeschiffahrt und die Wasserstraßen. 265 
Achtung würdig zu zeigen, welche sein Beruf erfordert. Verletzungen 
dieser Pflichten können die Löschung der Eintragung des Patentan- 
walts zur Folge haben. Die Entscheidung erfolgt in einem ehrenge- 
richtlichen Verfahren. Das Ehrengericht besteht aus zwei Mitgliedern 
des Patentamtes, einem rechtskundigen und einem technischen, sowie 
drei Patentanwälten. Den Vorsitz führt das rechtskundige Mitglied 
des Patentamtes '). 
8 80. Die Seeschiffahrt und die Wasserstraßen *). 
I. Die Einheitlichkeit der Handelsmarine. Art. 54, 
Abs. 1 der Reichsverfassung stellt den Grundsatz auf: »Die Kauffahrtei- 
schiffe aller Bundesstaaten bilden eine einheitliche Handelsmarine«. 
Das Wort »einheitlich« wird hier in einem völlig anderen Sinne ver- 
wendet wie im Art. 53 von der Kriegsmarine, oder im Art. 48 von der 
Post und Telegraphie, oder im Art. 42 vom Eisenbahnnetz, oder im 
Art. 63 vom Heer. Die Handelsmarine ist keine Anstalt des Reiches 
oder der Einzelstaaten ?); eine staatliche Verwaltung der Handels- 
marine gibt es nicht, also kann es auch keine zentralisierte Reichs- 
verwaltung derselben geben. Da alle zur Handelsmarine gehörenden 
Fahrzeuge im Privateigentum stehen und zum privaten Gewerbebe- 
trieb benutzt werden, so werden sie auch von den einzelnen Eigen- 
tümern verwaltet, welche hierbei den allgemeinen gewerbepolizeilichen 
und den besonderen für das Seeschiffahrtsgewerbe erlassenen Vor- 
schriften unterworfen sind. Aber selbst wenn man die Durchführung 
dieser Vorschriften und die Beaufsichtigung ihrer Befolgung als »Ver- 
waltung der Handelsmarine« bezeichnen dürfte, so gäbe es auch in 
diesem Sinne keine »einheitliche« Verwaltung seitens des Reichs. Diese 
Tätigkeit liegt vielmehr den Einzelstaaten in demselben Umfange wie 
die Verwaltung der Gewerbepolizei überhaupt ob und das Reich ist 
auch auf diesem Gebiete auf die Gesetzgebung und Oberaufsicht be- 
schränkt. Ausgenommen sind zwei vereinzelte Fälle einer weiter- 
reichenden Kompetenz des Reiches, welche bereits oben S. 200 fg. und 
S. 217 fg. erwähnt worden sind; sie betreffen die Funktionen des Schiffs- 
1) Die näheren Vorschriften über das ehrengerichtliche Verfahren enthalten die 
SS 7—14 des Gesetzes. 
* Literatur: Reitz in Hirth’s Annalen 1874, S. 55 ff.; Perels, Handbuch 
des allgemeinen öffentl. Seerechts im Deutschen Reich, 2. Aufl., Berlin 1901; Wag- 
ner, Handbuch des Seerechts, Leipzig 1884, S. 9 ff.; G. Meyer-Dochow, Ver- 
waltungsrecht $ 100 ff.; Zorn, Staatsrecht II, S. 822fg.; Hänel, Staatsrecht ], 
S. 628 fg.; Lewis im Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts, Art. „Flagge“, 
Bd. 1, S.421 ff.; Apt im Wörterbuch des Verwaltungsrechts von Stengel-Fleischmann 
Bd. I, S. 809 ff.; Pappenheim, Handbuch des Seerechts, Leipzig 1906. 
2) Hänel S. 630 sagt allerdings, daß durch die Seemannsordnung vom 27. De- 
zember 1872 „die Seeschiffahrt zu einer Öffentlich regulierten Beförderungs- 
anstalt erhoben worden sei“. Es ist dies aber wohl nur eine bombastische Rede- 
wendung.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.