Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

$ 80. Die Seeschiffahrt und die Wasserstraßen. 267 
Abs. 1 ausspricht, der Ausdruck der Einheitlichkeit der Handelsmarine 
für den internationalen Verkehr. 
Daraus ergeben sich aber auch Rechtssätze staatsrechtlicher Natur. 
Zunächst das Verbot an die Einzelstaaten, irgend eine andere Flagge 
anstatt oder neben der Reichsflagge beizubehalten oder einzuführen. 
Sodann begründet Art. 55 in Verbindung mit Art. 54, Abs. 1 der Reichs- 
verfassung für alle Führer von deutschen Seeschiffen die Verpflichtung, 
ausschließlich die deutsche Reichsflagge als Erkennungszeichen 
ihrer Nationalität zu führen, insoweit dies nach Rechtsvorschrift oder 
Seegebrauch erforderlich ist!), und gleichzeitig das Verbot für jeder- 
mann, sich diese Flagge anzumaßen, wenn es an den Voraussetzungen 
gebricht, von deren Vorhandensein die Befugnis zur Führung der Flagge 
abhängig gemacht ist?). 
Die Reichskonsuln haben die Innehaltung der wegen Führung 
der Reichsflagge bestehenden Vorschriften zu überwachen 3). 
Zur Führung der Reichsflagge sind die Kauffahrteischiffe nur dann 
berechtigt, wenn sie in dem ausschließlichen Eigentum von 
Reichsangehörigen stehen*). Das Recht, die Reichsflagge zu führen, 
1) Reichsgesetz vom 25. Oktober 1867, $ 1 (Bundesgesetzbl. S. 35) und Verord- 
nung vom gleichen Tage (S. 39). Flaggengesetz von 1899 $ 1. 
2) Das Flaggenrecht wurde zuerst geregelt durch das Gesetz des Nord- 
deutschen Bundes vom 25. Oktober 1867 (Bundesgesetzbl. S. 35), betreffend die Na- 
tionalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugnis zur Führung der Bundesflagge. 
Das Gesetz wurde bei der Reichsgründung zum Reichsgesetz erklärt und später in 
einzelnen Punkten ergänzt. Die Einführung des neuen Handelsgesetzbuches machte 
eine Umarbeitung des Gesetzes erforderlich, welche zugleich benutzt wurde, um Lük- 
ken auszufüllen, Abänderungen vorzunehmen und den ganzen Stoff einheitlich und 
übersichtlich zu ordnen. An die Stelle des Gesetzes vom 25. Oktober 1867 ist daher 
jetzt das Gesetz über das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe 
vom 22. Ju ni 1899 (Reichsgesetzbl. S. 319) getreten. Vgl. über dasselbe G.Schaps 
im Archiv für Öffentliches Recht Bd. 14, S. 525 ff. Stoerk-Löning im Hand- 
wörterbuch der Staatswissensch. (3. Aufl.), Bd. 4, S. 830. Das Gesetz ist bereits wie- 
der abgeändert worden durch das Reichsgesetz vom 29. Mai 191 (Reichsgesetzbl. 
S. 184). Vgl. ferner die Kaiserl. Verordnung vom 21. August 1900 
(Reichsgesetzbl. S. 807) über die Pflicht zum Zeigen der Nationalflagge durch Kauf- 
fahrteischiffe. 
3) Konsulatsgesetz $ 30 (Bundesgesetzbl. 1867, S. 142). Verordnung vom 28. Juli 
1880, $ 1 (Reichsgesetzbl. S. 183). 
4) Flaggengesetz $ 2. Den Reichsangehörigen werden gleichgeachtet offene 
Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Aktienkommanditgesellschaften, 
wenn die persönlich haftenden Gesellschafter sämtlich Reichsangehörige sind 
(dagegen kommt es auf die Reichsangehörigkeit der Kommanditisten und stillen Ge- 
sellschafter nicht an); ferner andere Handelsgesellschaften (also Aktiengesellschaften 
und Gesellschaften mit beschr. H.), eingetragene Genossenschaften und juri- 
stische Personen, wenn sie im Inland ihren Sitz haben. Für den Fall, daß 
der Eigentümer einer Schiffspart die Reichsangehörigkeit verliert, läßt das Flaggen- 
gesetz $ 3 ein eigentümlich geordnetes Enteignungsrecht zu. FEingeborene der 
Schutzgebiete können den Reichsangehörigen durch Kaiserl. Verordnung gleich- 
gestellt werden. Schutzgebietsgesetz vom 19. März 1888, $7; Flaggengesetz $ 28. — 
Außer den Kauffahrteischiffen sind zur Führung der Reichsflagge berechtigt auch
	        
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